Nachbarrecht: Grenznah gepflanzte Bäume

Nicht selten gibt es Ärger wegen grenznah gepflanzte Bäume, über deren Vorhandensein sich ein Nachbar erregt. Die Bäume stehen oftmals seit mehr als 25 Jahren an der gleichen Stelle. Ärger gibt es meist erst mit dem neu hinzugezogenen Grundstücksnachbarn. Muss den Aufforderungen des Nachbarn nachkommen werden, wenn dieser die Beseitigung von Ästen oder gar des ganzen Baumes verlangt?

In diesen oder vergleichbaren Fällen geht regelmäßig »keine Gefahr« vom neu hinzugezogenen Nachbarn aus.

Das Recht eines Grundstückeigentümers, die Beseitigung von Bäumen zu verlangen, die den vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, ist nämlich gem. § 51 Abs. 3 Nachbarrechtsgesetz Rheinland-Pfalz oder vergleichbarer Vorschriften der anderen Landesgesetze (z.B. § 43 Nachbarrechtsgesetz Hessen) zeitlich befristet. In Rheinland-Pfalz kann der betroffene Nachbar nur bis zum Ablauf des fünften Jahres nach der Anpflanzung die Beseitigung verlangen. Der Nachbar verliert seinen Anspruch auf Beseitigung, wenn er nicht innerhalb dieser fünf Jahre nach der Anpflanzung/Errichtung Klage auf Beseitigung erhebt.

Auch wenn die Frist verstrichen, kann allerdings die Beseitigung der Bäume gefordert sein. So ist jeder Grundstückseigentümer für die auf seinem Grundstück wachsenden Bäume verkehrssicherungspflichtig, d.h. er muss alles tun, damit von diesen Bäumen keine Gefahr für Dritte ausgeht. Die Bäume müssen insbesondere standsicher sein. Daher sollte in regelmäßigen Abständen auch eine Standsicherheitsprüfung durch professionelle Baumpfleger vorgenommen werden.

Durch Bäume, deren Beseitigung zwar wegen Ablauf der Frist nicht mehr verlangt werden kann, können auf dem Nachbargrundstück allerdings andere nachbarrechtlich relevante Beeinträchtigungen entstehen, etwa durch Zweige auf das Nachbargrundstück herüber ragen oder deren Wurzeln in das Nachbargrundstück eindringen.

Soweit öffentlich-rechtliche Bestimmungen nicht entgegenstehen (insbesondere Baumschutzsatzungen der Gemeinden), darf der betroffene Nachbar grundsätzlich Wurzeln abschneiden, wenn sie die Benutzung seines Grundstücks beeinträchtigen.

Überhängende Zweige darf der Nachbar aber erst dann selbst beseitigen, wenn er dem Nachbarn eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt hat und der Nachbar der Aufforderung nicht nachgekommen ist.

Allerdings muss immer bedacht werden, dass die überhängenden Zweige auch eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen müssen. Das ist regelmäßig nicht der Fall, wenn der Überhang über Griffhöhe im Luftraum über dem Nachbargrundstück liegt. (AG Norden v. 11.04. 2003 − 5 C 884/01, MDR 2003, 739)

Es soll an dieser Stelle aber nicht verschwiegen werden, dass das OLG Koblenz (Hinweisbeschluss vom 08.10.2013 − 3 U 631/13) einem Urteil des LG Koblenz gefolgt ist, wonach eine Beeinträchtigung vorliegt, wenn Zweige von dem Grundstück des Nachbarn bis zu sieben Meter auf das klägerische Grundstück herüberreichen und diese von erheblicher Dicke sind sowie sich in 25 m Höhe befinden. Die Gerichte sahen hier eine erhebliche Gefahr für den Nachbarn. In diesem Verfahren ging es allerdings um 45 Bäume, von denen eine Beeinträchtigung ausging.

Das Argument herabfallender Blätter als solches wird dagegen als unwesentlicher Einwand angesehen werden. Beeinträchtigungen durch Laub werden nämlich regelmäßig als ortsüblich und damit als zumutbare Einwirkung angesehen.

Die erforderliche Beeinträchtigung kann jedoch auch in der Beschattung des Grundstücks liegen. Insofern bedarf es aber ebenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung. Vor allem aber muss die Beeinträchtigung vom Überhang selbst ausgeht und nicht eventuell von dem Baum insgesamt. Wenn die gerügte und beeinträchtigende Beschattung des Grundstücks bereits durch die Baumkrone auch ohne den Überhang gegeben ist, also die Entfernung des Überhangs die Beeinträchtigung nicht mindern kann, fehlt es an der Beeinträchtigung durch den Überhang (vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 25.07.1990, VersR 1991, 556; LG Dortmund, Urt. v. 08.07.1987, AgrarR 1990, 209). Selbst die Möglichkeit, dass bei starken Windböen von einem alten Baum gesunde Äste abbrechen können, begründet keinen generellen Anspruch auf Beseitigung grenznaher Bäume (OLG Köln, Urt. v. 17. 5. 1989, VersR 1989, 1202 über einem 60 Jahre alten Baum).

Zum Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass für Schäden, die dem Nachbarn aus dem Überwuchs entstehen, grundsätzlich gem. § 823 Abs. 1 und aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 1004 BGB der »Baumbesitzer« ersatzpflichtig ist.