Der Güterstandswechsel als Gestaltungsinstrument bei intakter Ehe

Vortrag Mandantenseminar 2011


Der Wechsel des Güterstands (die Zugewinngemeinschaft, die Gütertrennung und die seltene Gütergemeinschaft) innerhalb einer intakten Ehe wird grundsätzlich aus drei Gesichtspunkten als attraktives Gestaltungsmittel genutzt:

  • Güterstandswechsel als steuerliches Gestaltungsmittel
  • Güterstandswechsel als erbrechtliches Gestaltungsmittel
  • Güterstandswechsel als insolvenzrechtliches Gestaltungsmittel

I. Vorbemerkung

Heirat ohne notariellen Vertrag = Zugewinngemeinschaft! Ehegatten, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, steht nach Beendigung des Güterstands ein Anspruch auf Ausgleich des während der Ehe erzielten Zugewinns zu. Ende des Güterstands erfordert dabei nicht das Ende der Ehe durch Tod oder durch Scheidung. Vielmehr können die Ehegatten einen Zugewinnausgleich (Ende der Zugewinngemeinschaft) auch durch einen Wechsel des Güterstands (meistens in die Gütertrennung) in einem notariellen Vertrag während der Ehe herbeiführen. Für den Zugewinnausgleich wird dann eine Zahlung vereinbart und somit Geld von einem Ehegatten – der den Zugewinn in seinem Vermögen erzielt hat zum anderen Ehegatten gezahlt (verschoben). Die Zugewinngemeinschaft ist dann beendet.

In der Praxis kehren die Ehegatten häufig nach diesem Zugewinnausgleich und nach Ablauf einer „Schamfrist“ in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zurück (so genannte „Güterstandsschaukel“).


II. Güterstandswechsel als steuerliches Gestaltungsmittel

Erbschaft- und Schenkungssteuer: Schenkungen (außer Anstandsschenkungen: Weihnachts- und Geburtstagsgeschenk) zwischen Ehegatten sind grundsätzlich schenkungssteuerpflichtig. Hier bietet der Zugewinnausgleich eine Möglichkeit der Vermögensübertragung ohne Schenkungs-/Erbschaftsteuer. Damit wird dann der Steuerfreibetrag „nicht ge- verbraucht“. Die Ehegatten können sich der „Güterstandsschaukel“ bedienen und auch wieder in den gesetzlichen Güterstand durch notarielle Vereinbarung zurückwechseln. Die „Güterstandsschaukel“ können sie auch mehrfach nutzen.

Einkommensteuer: Der Zugewinnausgleichsanspruch besteht grundsätzlich in Geld. Sofern die Ehegatten den Zugewinnausgleich demgemäß ausgleichen, ergeben sich keine Sachverhalte, die Einkommensteuer auslösen. Aber Ausnahmen möglich (Steuerberater fragen).


III. Güterstandswechsel als erbrechtliches Gestaltungsmittel zur Reduzierung eines Pflichtteilsanspruches auch eines „missratenen“ Kindes.

Der Güterstandswechsel ist auch nutzbar, um Pflichtteilsansprüche der Höhe nach zu reduzieren. Ein Bedürfnis dazu besteht neben einem „missratenen“ Kind beispielsweise in Unternehmerfamilien, wenn nicht genügend Liquidität vorhanden ist, um Pflichtteilsansprüche zu bedienen. Denn den Ehegatten steht es grundsätzlich frei, ihre güterrechtlichen Verhältnisse für die Zukunft zu ändern. Der bei einer Beendigung der Zugewinngemeinschaft an einen Ehegatten ausgezahlte Zugewinn gilt nicht als Schenkung, die einen Pflichtteilsergänzungsanspruch i.S.v. §§ 2325, 2329 BGB begründen könnte.

Aber Achtung: Im Fall der Gütertrennung erfolgt bei Tod eines Ehegatten kein pauschaler erbrechtlicher Zugewinnausgleich nach § 1371 BGB. Der überlebende Ehegatte erbt daher bei dem Güterstand der Gütertrennung weniger als bei der Zugewinngemeinschaft. Bei einer Familie mit zwei Kindern betragen die gesetzlichen Erbquoten je 1/3 für jedes Kind sowie den überlebenden Ehegatten. Der Pflichtteil beträgt in diesem Fall die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, also je 1/6. Notwendige Folge= Güterstandsschaukel: Um den Effekt des geringeren Pflichtteilsanspruchs voll zu erreichen, muss man wieder zurück in die Zugewinngemeinschaft. Denn im Fall der Zugewinngemeinschaft beläuft sich die gesetzliche Erbquote für den überlebenden Ehegatten hingegen auf 1/2 und die der beiden Kinder lediglich auf je 1/4. Die Pflichtteilsansprüche der Kinder liegen dementsprechend nur bei je 1/8. Einen Güterstandswechsel von der Gütertrennung zum gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (zurück) würde somit die Pflichtteilsansprüche der Kinder bedeutend verringern.

Jedoch sollten die Ehegatten darauf achten, dass ein solcher Wechsel, insbesondere wenn im Anschluss durch eine Güterstandsschaukel – wie oben beschrieben – wieder die Zugewinngemeinschaft begründet werden soll, nicht ausschließlich zur Pflichtteilsminimierung durchgeführt wird. Die Rechtsprechung könnte darin eine missbräuchliche Benachteiligung der gesetzlichen Erben sehen und den sich daraus ergebenden Effekt der Benachteiligung von Pflichtteilsberechtigten nicht anerkennen. Auf der anderen Seite besteht das Risiko, das – wenn nicht schnell wieder zurückgewechselt wird – ein Ehegatte verstirbt. Dann würden sich wieder die für den überlebenden Ehegatten ungünstigeren Erbquoten der Gütertrennung ergeben.


III. Güterstandswechsel als Gestaltungsmittel gegen die Zerschlagung von Vermögen durch die Insolvenz

Hierbei ging es darum, im Wege des Güterstandswechsels Vermögensteile des einen auf den anderen Ehegatten zu übertragen und damit dem Gläubigerzugriff zu entziehen.

Grundsätzlich ist eine solche Gestaltung wirtschaftlich sinnvoll, solange gegen den Ehegatten, der zahlen soll, noch keine Gläubigerforderungen bestehen. Denn Verbindlichkeiten werden das Endvermögen des Ehegatten und damit den Zugewinn mindern. Der erstrebte Vermögensschutz bliebe damit in Höhe der bereits bestehenden Verbindlichkeiten aus. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob der Insolvenzverwalter später diesen Güterstandswechsel nicht anfechten kann. Denn die Rechtsprechung hatte bereits 1971 entschieden, dass eheliche Güterrechtsverträge der Anfechtung innerhalb und außerhalb der Insolvenz unterliegen wie sonstige Verträge. Der Bundesgerichtshof hat sogar dann in einem aktuellen Urteil erstmals entschieden, dass auch güterrechtliche Verträge, die der (Insolvenz) Schuldner mit seiner Ehefrau nicht früher als zwei Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschlossen hat, eine Anfechtung begründet sein kann. Die im Rahmen der Beendigung der Zugewinngemeinschaft vereinbarte Vermögensauseinandersetzung verschlechterten insgesamt die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger. Vorsatz für eine Gläubigerbenachteiligung und die Kenntnis des anderen Vertragsteiles werden widerleglich vermutet.

Damit eröffnet der Bundesgerichtshof betroffenen Gläubigern eine Anfechtungsmöglichkeit, die bislang nicht sicher entschieden war. Insolvenzfeste Vermögensübertragungen unter Eheleuten sind damit durch Nutzung des Güterstandswechsels mit einer Unsicherheit belegt. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs schränkt die Gestaltungsmöglichkeit zugunsten des Gläubigerschutzes ein. Der Güterstandswechsel als Mittel, Vermögen vor der Insolvenz zu sichern, erscheint damit kaum möglich. Die Sicherung des Vermögens durch einen Güterstandswechsel ist nur zu empfehlen, bevor Forderungen Dritter existieren und mindestens zwei Jahre vor einer Insolvenz. Da dies jedoch in der Praxis kaum planbar sein wird, hat der Güterstandswechsel als Mittel der Insolvenzsicherung wohl bis auf Weiteres keine Zukunft.


IV. Zusammenfassung

Von den drei Hauptgründen, die aus rechtlicher Sicht für einen Zugewinnausgleich bei fortdauernder Ehe sprechen, sind zwei Gründe attraktiv.

  • So lassen sich durch die richtige Gestaltung Vermögenswerte steuerbegünstigt oder steuerfrei von einem auf den anderen Ehegatten übertragen.
  • Daneben besteht erbrechtlich die Möglichkeit, Pflichtteilsansprüche von Kindern zu senken und hierdurch bereits zu Lebzeiten auf die Nachlassverteilung Einfluss zu nehmen.
  • Den in der Vergangenheit genannten Grund der Verschiebung von Vermögenswerten zwischen Ehegatten durch einen güterrechtlichen Vertrag, um diese Werte vor der Insolvenz zu retten, ist nach der neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofes mit größter Vorsicht zu begegnen.

Die Ehegatten sollen bedenken, dass der Güterstandswechsel neben den beschriebenen Risiken bei der Abwicklung auch Kosten verursacht. So bedarf es eines notariellen Vertrages, dessen Kosten sich nach dem Wert des übertragenen Vermögens richtet.