Ein gutes Geschenk zur Hochzeit: Der Ehevertrag?

genannte Vorschriften stehen auf www.gesetze-im-internet.de zur Verfügung.

Vorbemerkung:

Was halten Sie von folgendem Szenario?

Eines Ihrer Kinder heiratet und Sie als Brautvater/Brautmutter halten die Hochzeitrede: Zum Schluss erklären Sie dann in dieser Rede „……liebe Kinder, damit es Euch nicht wie mir ergeht, schenke ich Euch einen Gutschein für einen Notar Eurer Wahl, um einen Ehevertragabzuschließen………

Gelächter? Stille?….Betroffenheit?……..Applaus (endlich mal ein gutes Geschenk, das Sinn macht)?

Meinen Sie, der Gutschein verfällt oder wird er eingelöst?

Wenn Sie diesen Vortrag gehört haben, wissen Sie die Antwort….

  1. Was geschieht, wenn man heiratet (bitte nur die Rechtsfolge!)-😊
    • mit meiner Pflicht, Unterhalt an die Ehefrau/den Ehemann zu leisten?
    • mit meinem Vermögen,das ich schon habe und noch erwerben werde?
    • mit meiner bisher bei den Rentenversicherungen eingezahlten Geld und mit dem Geld, das ich noch einzahlen werde?
  2. Muss ich diese Folgen der Heirat kommentarlos akzeptieren oder kann ich heiraten und die aufgezeigten Folgen ausschließen?
  3. Was ist ein Ehevertrag?
    • wann muss ich den Ehevertrag abschließen?
    • die notarielle Form des Ehevertrages.
  4. Kann ein Ehevertrag auch unwirksam sein, obwohl er mit einem Rechtsanwalt erstellt wurde und dann auch notariell beurkundet wurde?
  5. Tipps und Hinweise: Soll ich einen Ehevertrag abschließen?


zu 1. Was geschieht, wenn man heiratet (bitte nur die Rechtsfolgen)-😊

Die Vorschriften zur Ehe sind im Familienrecht (Buch 4 des BGB)geregelt. Die Wirkungen der Ehe im Allgemeinen ergeben sich aus den §§ 1353 BGB ff bis § 1362 BGB. Die Eheleute tragen füreinander Verantwortung (§ 1353 BGB); sie führen einen Ehenamen (§ 1355 BGB); der Haushalt wird im gegenseitigen Einvernehmen geführt (§ 1356 BGB); Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfes verpflichten beide(§ 1357 BGB).

Was geschieht mit meinem Vermögen, was ich schon habe und was ich noch erwerben werde?

Bei der Antwort sollten Sie zwei Fälle voneinander trennen:

a) Sie bleiben ihr Leben lang zusammen und leben auch immer weiter (sogenanntes „ewiges Leben“)

b) Sie könnten sich scheiden lassen oder es könnte sein, dass einer stirbt.

zu a) Die Antwort ergibt sich nicht explizit aus dem Gesetz, aber jeder bleibt Eigentümer seiner Vermögensgegenstände, die er schon besitzt und jeder wird auch in der Ehe Alleineigentümer der Gegenstände, die er alleine erwirbt und die an ihn als Eigentümer übertragen werden.Achtung: Nur wenn für einen Dritten nicht erkennbar ist, wem was gehört - zB in der Wohnung die teure Schrankwand/Fernseher usw. –dann gehört beiden im Rahmen der Eigentumsvermutung der jeweilige Gegenstand(§ 1362 BGB). Im Zweifel ist das Alleineigentum eines Ehepartners nachweisbar mit Rechnung; damit kann die Eigentumsvermutung sofort widerlegt werden. Dies gilt auch, wenn der Gegenstand von dem Geld des Ehepartners gekauft wurde; Ausnahme gilt bei den Haushaltsgegenständen.

Jeder verwaltet sein Vermögen selbstständig, aber mit Beschränkungen, wenn er sich über sein gesamtes Vermögen verpflichtet. Verpflichtungen über Haushaltsgegenstände sind nur gemeinsam wirksam (§1369 BGB, Beispiel: Ehemann verkauft den Thermomix).

Zu b) Solange die Ehe „läuft“ gilt das zu Ziffer a) Geschriebene; aber was ist, wenn die Ehe endet? wenn sie geschieden wird oder wenn einer der Ehegatten stirbt. Hier ist folgendes zu beachten:

Grundsätzlich gilt: Mit der Hochzeit gehen die Ehegatten in „Die Zugewinngemeinschaft“(§§ 1363 ff. BGB). Sie besteht als gesetzlicher Güterstand immer dann, wenn Ehegatten eben keine abweichende ehevertragliche Vereinbarung (siehe unten) geschlossen haben. Die Zugewinngemeinschaft entwickelt sich aber erst dann, wenn die Ehe endet. Vorher „merkt man nichts davon“.

Was macht die Zugewinngemeinschaft nun aus, wenn die Ehe endet?

Im Falle des Todes eines Ehegatten erhöht sich der Erbteil des überlebenden Ehegatten mit einer Pauschale um ¼ (§§ 1931 Abs 3 und § 1371 BGB)bzw. man kann die Erbschaft ausschlagen und die Regeln wählen, die bei einer Scheidung gelten.

Im Falle der Scheidung muss (wenn einer der Ehegatten das will) der Zugewinnausgleich durchgeführt werden (§§ 1372 ff BGB). Er verjährt drei Jahre nach der rechtskräftigen Scheidung.

Für die Berechnung gilt als Faustformel: Alle Vermögensgegenstände, die jeder einzelne während der Ehe erwirtschaftet hat, müssen geteilt werden (§ 1373 BGB).Jeder Ehegatte muss deshalb für sich berechnen:

  • Endvermögen = Was habe ich am Ende der Ehe; (die Scheidungsschrift wird eingereicht)
  • abzuziehen sind:
  • Anfangsvermögen = Was hatte ich am Anfang der Ehe (Standesamt); zu diesem Anfangsvermögen sind zu addieren die erhaltenen Erbschaften und Schenkungen)
  • Ergebnis (das macht den Wert des Vermögens aus, das man während der Ehe dazu gewonnen hat)

Die Werte jedes einzelnen Partners werden errechnet und dann verrechnet. Dann ist der Ausgleich in bar zu zahlen.

Um einen solchen Ausgleich nicht machen zu müssen und keine - vielleicht - hohe Barzahlung leisten zu müssen, kann man in einem Ehevertrag die Gütertrennung vereinbaren. Diese sieht einen Zugewinnausgleich bei Ende der Ehe nicht vor. Die Gütertrennung wirkt sich natürlich dann auch auf die Erbquote aus.

Die Beendigung der Zugewinngemeinschaft während der Ehe durch Ehevertrag wird auch genutzt, um steuerliche Vorteile zu erhalten. Auf diese Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden.

Was geschieht mit meinem bisher bei den Rentenversicherungen eingezahlten Geld und mit dem Geld, das ich noch einzahlen werde?
Auch hier gilt: diese Beiträge - gleichgültig ob private oder gesetzliche Rente– die Rentenanwartschaft gehört demjenigen, auf dessen Namen das Rentenkonto steht. Das Gleiche gilt auch für andere Versicherungen.

Wenn einer stirbt, bekommt der andere je nach Rentenversicherungsträger eine Witwen/Witwer Rente

Wenn man geschieden wird, werden die in der Zeit der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften zur Hälfte auf das Rentenkonto des anderen (vom Rententräger selbst) übertragen. Es findet keine Verrechnung statt (sogenannter Versorgungsausgleich).


zu 2. Muss man alle diese Folgen der Heirat kommentarlos akzeptieren?

Nein! Man kann mit einem Ehevertrag diese Wirkungen der Ehe abbedingen und die rechtlichen Folgen selbst vereinbaren, wie es beiden passend erscheint. Zur Wirksamkeit bedarf es aber bestimmter wichtiger Voraussetzungen.


zu 3. Was ist ein Ehevertrag? Wann muss ich den Ehevertrag abschließen und muss der Vertrag in notarieller Form geschlossen werden?

Nach § 1408 BGB können dieEhegatten ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern inGütertrennung (§ 1414 BGB), Gütergemeinschaft (§ 1415 ff. BGB) und – seit dem 01. 05. 2013 –unter bestimmten Voraussetzungen in die deutsch-französische Wahl-Zugewinngemeinschaft (§ 1519 BGB). Der Vertrag ist insoweit nur notariell wirksam (§ 1410 BGB).

Auch über den Versorgungsausgleich(§ 1408 Abs 2 BGB) kann eine Vereinbarung nach den Regeln des Versorgungsausgleichgesetzes getroffen werden. Diese Vereinbarung muss aber notariell oder vor Gericht geschlossen werden.

Nach § 1585c BGB können auch Vereinbarungen über den Unterhalt getroffen werden, und zwar über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung. Eine Vereinbarung, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, bedarf aber der notariellen Beurkundung.

Damit steht zunächst einmal fest, dass die oben im Einzelnen benannten gesetzlichen Regeln/Vorschriften für eine Scheidung, für den Tod, aber auch für die laufende Ehe durch einen Vertrag zwischen den Eheleuten geändert werden können.


zu 4. Kann so ein Vertrag auch ungültig sein, obwohl er mit einem Rechtsanwalt und dann auch notariell erstellt wurde?

Ja

Beispielfall: Die hochschwangere Sekretärin Kunigunde (28; keinerlei Erspartes, nur Einkünfte aus ihrer Tätigkeit) erwartet von dem Vorstandsvorsitzenden der AG Stahl u Kocher, ein Unternehmen der Schwerindustrie, Herrn Karl, Zwillinge. Karl ist „millionenschwer“ und es ist jetzt schon erkennbar, dass er in der Ehe „noch schwerer“ wird. Er liebt Kunigunde und macht ihr im 7. Schwangerschaftsmonat einen Heiratsantrag. Kunigunde ist entzückt.Nach der ersten Freude über soviel Glück setzt Karl eine Bedingung: Abschluss eines Ehevertrages, in dem geschrieben steht:

  • Im Falle der Scheidung und des Todes von Karl kein Zugewinn, Gütertrennung soll vereinbart werden.
  • Nachehelicher Unterhalt - also nach der Scheidung – gibt es nicht; wird ausgeschlossen.
  • Der Versorgungsausgleich soll ausgeschlossen werden

Kunigunde ist alles egal; die Kinder sollen ehelich werden und sie will auch in die Gesellschaft der Schwerindustrie. Beide fahren gemeinsam zum Notar……

…………der Ihnen sicherlich sagen wird: „So geht das nicht……..denn das wäre unwirksam…“

Beide fragen: Warum?

Der Notar antwortet: Im Falle der Scheidung wird das Gericht – ob nun auf Antrag von Kunigunde oder auch ohne, dass Kunigunde will – den Vertrag auf seine Wirksamkeit prüfen:

Ausgehend von dem Sinn und Zweck der Ehe kommt das Gericht in diesem Fall sicherlich zu einer Unwirksamkeit des Vertrages bzw. nötigen Angleichung. Denn der Kernbereich der Ehe (Unterhaltsausschluss mit zwei kleinen Kindern) ist betroffen und wird einseitig zu Lasten von Kunigunde im Zeitpunkt einer Zwangslage (Schwangerschaft) geregelt.

Ich kann Ihnen hier nicht die einzelnen Schritte zur rechtlichen Überprüfung eines solchen Vertrages darstellen, aber nur soviel sei erklärt: Die Rechtsprechung – geprägt durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes und des Bundesgerichtshofes von 2004 sowie nachfolgenden Entscheidungen orientiert sich an Folgendem:

Zunächst wird sich auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit gestützt und die Gerichte führen aus, es stehe den Ehegatten grundsätzlich frei, die gesetzlichen Regelungen über den Zugewinnausgleich, den Versorgungsausgleich und den nachehelichen Unterhalt auszuschließen. Diese Vertragsfreiheit dürfe jedoch nicht dazu führen, den Schutzzweck dieser gesetzlichen Regelungen beliebig zu unterlaufen. Dabei wird der objektive Aspekt/die objektive Seite der Benachteiligung des anderen Ehegatten und das Kindeswohl besonders hervorgehoben. In diesem Zusammenhang prägte der Bundesgerichtshof den Begriff „ausgenutzte Unterlegenheit“.

Es kommt auch darauf an, wie die Urkunde zustande gekommen ist, also insbesondere um die Umstände außerhalb der Urkunde.Wie spätere Entscheidung zeigen, sind dabei die mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen.Warum wollen der begünstigte Ehegatte und der benachteiligte Ehegatte diese Vereinbarung?Anschließend wird eine Gesamtschau der objektiven und subjektiven Aspekte und ihres Zusammenwirkens geprüft.


zu 5 Tipps und Hinweise für Fallkonstellationen, die in jedem Fall einer Beratung wegen eines Ehevertrages bedürfen:

1. Nach dem Gesetz gibt es keine gegenseitige Haftung für Schulden, nur weil man verheiratet ist. Für diese Situation braucht man keinen Ehevertrag.

Mit einem Ehevertrag können Sie nicht erreichen, dass der eine Ehepartner nicht für den anderen mit haftet, wenn dieser droht, insolvent zu werden oder Verträge abschließt, die dem anderen missfallen. Das ergibt sich nämlich bereits aus dem Gesetz: Die Ehepartner haften nicht untereinander, allenfalls für Verbindlichkeiten, die durch den Haushalt verursacht werden (Thermomix-Fall).


2. Selbstständige und/oder Inhaber von Gesellschaftsrechten sollen sich aus folgendem Grund beraten lassen: der Zugewinn den die Firma/ die Gesellschafterrechte während der ehe erfahren können, können bei der Begutachtung durch einen Wirtschaftsgutachter sehr hoch sein, ohne dass die Liquidität gestiegen ist (zB stille Reserven; Patentrechte; „know how“). Der Betrag ist inbar auszuzahlen. Selbst für Selbstständige oder auch größere Unternehmen kaum zu leisten, ohne Vermögen zu verkaufen, das man aber für die Firma benötigt. Hier muss man sich darüber informieren, obeine Gütertrennung in einem Ehevertrag vereinbart werden soll.


3. Wer heute schon absolute Klarheit darüber haben möchte, wieviel Unterhalt er bei einer Scheidung einmal zu zahlen hat, soll sich ebenfalls beraten lassen.


4. Wer heute schon weiß, dass einer der Ehepartner eine gute Rente durch seine Einzahlungen erwirtschaften wird und der andere gar keine monatliche Rente erwirtschaftet (weil zB selbstständig und zB mit Immobilien seine Rente aufbaut), soll sich beraten lassen.


5. Ein Ehevertrag muss nicht vor der Ehe, sondern kann zu jeder Zeit der Ehe abgeschlossen werden, selbst im Scheidungsfall, um die Folgen der Scheidung zu regeln (sogenannte Scheidungsfolgenvereinbarung).


6. Ein Ehevertrag - hier die Vereinbarung einer Gütertrennung - kann auch gut für eine steuerliche Gestaltung genutzt werden.


Fazit:

Das Geschenk an der Hochzeit war keine gute Idee und wird nur Kopfschütteln auslösen:

Denn: So was bespricht man vorher! Der Ehevertrag ist alleine Sache der Eheleute selbst und sollte gemeinsam beraten und besprochen werden. Er kann ggfls. in Gesellschaftsverträgen verlangt werden, aber nicht von der Mutter/Vater des Bräutigams/der Braut kurz vor der Hochzeit.

Besser wäre es gewesen, man hätte die beiden Eheleute vor der Hochzeit auf die Möglichkeit eines solchen Vertrages hingewiesen und sich bereit erklärt, die Kosten für eine umfassende Beratung bei einem Fachanwalt für Familienrecht und Steuerrecht zu übernehmen. In einem ruhigen und netten Beratungsgespräch hätte man die genauen Lebensverhältnisse, die gewünschte Zukunft besprochen und dann entschieden.


Georg M. Hartmann
Rechtsanwalt
FA f Familien- und Steuerrecht