Wenn der Handwerker zweimal hämmert - Mängelgewährleistungsansprüche im Baurecht -

I. Mangel der Werkleistung

Voraussetzung für das Entstehen von Mängelansprüchen des Bauherrn ist generell, dass ein am Bau Beteiligter (Unternehmer/Handwerker,Architekt/Statiker/andereSonderfachleute) die ihm obliegende Werkleistung mangelhafterbracht hat. Die mangelfreie Herstellung des Werkes ist eine Hauptpflicht des Auftragnehmers.Dieser hat dem Auftraggeber dafür Gewähr zu leisten, dass das Werk nicht nur zum Zeitpunkt der Abnahme, sondern bis zum Ablauf der Gewährleistungsfrist unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen und Einhaltung der technischen Vorschriften mangelfrei hergestellt ist, und zwar auch dann, wenn sich entsprechende technische Erkenntnisse erst nach Abnahme ändern oder ergeben.Für diesen Erfolg hat er grundsätzlich „ohne Wenn und Aber“ einzustehen, und zwar bzgl. der Ansprüche aus den §§633,634 BGB; 4 Abs.7, 13 Abs.5, 6 VOB/B auch ohne Verschulden (sog. Erfolgsbezogenheit des Werkvertrages), es sei denn, er kann nachweisen, dass er gegen solche Vorgaben des Auftraggebers wirksam Bedenken angemeldet hat, die erst zu dem Mangel geführt haben. Dies gilt auch für Architekten.

II. Mängelansprüche nach § 634 BGB

1. Nacherfüllung

Der Auftragnehmer verpflichtet sich durch den Bauvertrag zur Herstellung eines mangelfreien Werkes. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, kann der Auftragnehmer zunächst den sogenannten Nacherfüllungsanspruch geltend machen. Der Auftragnehmer kann sich in diesem Fall grundsätzlich aussuchen, ob er am bereits errichteten Werk den Mangel beseitigen oder das Werk vollkommen neu (und mangelfrei) herstellen will. Sämtliche im Rahmen der Nacherfüllung entstehenden Kosten hat der Auftragnehmer zu tragen.

Ganz ausnahmsweise kann der Auftragnehmer die Nacherfüllung dann verweigern, wenn sie mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. Die Unverhältnismäßigkeit ergibt sich dabei im Zweifel aus einem krassen Missverhältnis von Nacherfüllungskosten einerseits und dem durch den Mangel ausgelösten objektiven Wertverlust des Bauvorhabens sowie dem objektiven Gesamtwert des Bauwerks andererseits. Entscheidet sich der Auftragnehmer, ein vollkommen neues Werk herzustellen, dann kann er die Herausgabe des mangelhaften Werkes vom Auftraggeber verlangen.

2. Selbstvornahme

Unter der Voraussetzung, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat und der Auftragnehmer seiner Verpflichtung zur Mangelbeseitigung bis zum Ablauf der Frist nicht nachgekommen ist, räumt das Gesetz dem Auftraggeber das Recht zur sogenannten Selbstvornahme ein. Der Auftraggeber kann den Mangel dann selber beseitigen oder beseitigen lassen und vom Auftragnehmer den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt selbstverständlich dann, wenn der Auftragnehmer die Mangelbeseitigung wegen Unverhältnismäßigkeit zu Recht verweigern kann.

Einer Fristsetzung vor Durchführung der Selbstvornahme bedarf es nach den Regeln des BGB unter anderem dann nicht, wenn der Auftragnehmer die Mangelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert hat, besondere Umstände vorliegen (z.B. Gefahr im Verzug), die die sofortige Einleitung der Selbstvornahme rechtfertigen, wenn die Nacherfüllung (ggf. auch nach wiederholten Versuchen) fehlgeschlagen ist oder die Nacherfüllung durch den Auftragnehmer aus sonstigen Gründen für den Auftraggeber unzumutbar ist.

Ausdrücklich regelt das BGB einen Vorschussanspruch des Auftraggebers gegen den Auftragnehmer hinsichtlich der voraussichtlich entstehenden Mängelbeseitigungskosten. Dieser Vorschussanspruch kann grundsätzlich nach Fristablauf, oder bei Entbehrlichkeit der Fristsetzung sofort, geltend gemacht werden.

Der Nacherfüllungsanspruch des Auftraggebers erlischt nach der Abnahme des Werkes dann, wenn er gegenüber dem Werkunternehmer ausdrücklich erklärt, dass er wegen der Gewährleistungsmängel von seinen Mängelrechten in Form von Minderung, Schadensersatz oder Rücktritt Gebrauch macht.

3. Rücktritt

Das BGB sieht für den Auftraggeber im Fall des Vorliegens eines Mangels die Möglichkeit vor, sich nach angemessener Fristsetzung zur Nacherfüllung mittels Erklärung des Rücktritts ganz vom Vertrag zu lösen. Eine Fristsetzung kann auch im Falle des Rücktrittes ausnahmsweise entbehrlich sein. Die Gründe für eine mögliche Entbehrlichkeit der Fristsetzung sind die gleichen, wie oben für die Selbstvornahme dargestellt. Zusätzlich ist die Fristsetzung beim Rücktritt auch für die Fälle entbehrlich, in denen die Mangelbeseitigung wegen Unverhältnismäßigkeit vom Auftragnehmer verweigert wurde.

Der Auftraggeber kann bei Mangelhaftigkeit des Bauwerkes vom ganzen Vertrag nur dann zurücktreten, wenn er an der - mangelbehafteten - Leistung des Auftragnehmers insgesamt kein Interesse mehr hat. Ein bloß unerheblicher Mangel rechtfertigt einen Rücktritt daher nie. Weiter ist ein Rücktritt dann ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber für den Mangel allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder dem Auftraggeber mangelnde Vertragstreue vorgeworfen werden kann.

Mit Ausübung des berechtigten Rücktrittsrechtes durch den Auftraggeber wandelt sich das Vertragsverhältnis in ein sogenanntes Rückgewähr-Schuldverhältnis um. Die bereits empfangenen Leistungen sind von beiden Parteien zurückzugewähren. Diese Rechtsfolge dürfte in erster Linie den Auftraggeber interessieren, der Anspruch auf Rückerstattung des bereits gezahlten Werklohnes hat. Der Auftragnehmer kann gegebenenfalls einen Anspruch auf Wertersatz der bisher geleisteten Arbeiten geltend machen, da eine Rückgewähr von erbrachten Bauleistungen in vielen Fällen von Natur aus unmöglich sein dürfte.

In Anbetracht dieser recht drastischen und für den Bauvertrag wenig praktikablen Rechtsfolgen dürfte das Rücktrittsrecht in der täglichen Baupraxis keine allzu große Bedeutung erlangen.

4. Minderung

Weiter kann der Auftraggeber im Falle des Vorliegens eines Mangels auch eine Minderung des dem Auftragnehmer geschuldeten Werklohnes vornehmen. Auch hier hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer jedoch zunächst die Chance zur Nacherfüllung zu geben und ihm hierzu eine angemessene Frist zu setzen.

Nach erfolglosem Ablauf der Frist ist der Auftraggeber - auch bei unerheblichen Mängeln - grundsätzlich zur Minderung des Werklohnes berechtigt. Die Berechnung der Minderung resultiert aus der Formel mangelfreier Verkehrswerte des Bauwerks geteilt durch Verkehrswert des Bauwerkes mit Mängeln = Werklohn geteilt durch X. X ist dann der Minderungsbetrag. Für die Berechnung der Minderung ist auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist der Minderungsbetrag, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.

Für die allermeisten gerichtlichen Verfahren wird dies bedeuten, dass von dem Gericht ein Sachverständigengutachten zur Frage der Höhe des Minderungsbetrages eingeholt werden muss. Wenn auf Auftraggeber- und auf Auftragnehmerseite mehrere Personen an dem Vertrag beteiligt sind, dann ist eine Erklärung der Minderung nur von allen Auftraggebern gegenüber allen Auftragnehmern möglich.

5. Schadensersatz

Weiter hat der Auftraggeber bei Vorliegen von Mängeln die Möglichkeit, Schadensersatz vom Auftragnehmer zu verlangen. Auch hier hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer zunächst eine Frist zur Mangelbeseitigung zu setzen. Ist diese ergebnislos verstrichen, ist weitere Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs, dass der Auftragnehmer die Mangelhaftigkeit des Werkes und damit die Pflichtverletzung im Rahmen des Vertrages zu vertreten, also zumindest leicht fahrlässig verursacht hat. Von diesem Schadensersatz umfasst sind beispielsweise Mangelbeseitigungskosten und der mangelbedingte Minderwert des Bauwerkes.

Sonstige durch einen Mangel hervorgerufene Schäden, die nicht direkt am Bauwerk selber entstehen, wie z.B. Nutzungsausfall, Gewinnentgang, Gutachter- oder Rechtsberatungskosten kann der Auftraggeber beim Auftragnehmer im Falle des schuldhaften, also zumindest leicht fahrlässigen, Handelns des Auftragnehmers auch ohne Fristsetzung geltend machen.

Den sogenannten "großen" Schadensersatzanspruch, d.h. Rückforderung sämtlicher bisher geleisteten Zahlungen, Zurückweisung des Werkes, Ersatz jeden weiteren Schadens, kann der Auftraggeber nach Fristablauf nur dann geltend machen, wenn er an der bisher erbrachten Teilleistung kein Interesse mehr hat und wenn der aufgetretene Mangel erheblich ist. Vor allem der Interessenwegfall dürfte nur in wenigen Fällen nachweisbar sein.

6. Ersatz vergeblicher Aufwendungen

Weiter kann der Auftraggeber bei Vorliegen eines Mangels an Stelle des vorstehenden Schadensersatzanspruches vom Auftragnehmer auch Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt einer mangelfreien Leistung gemacht hat. Diese Aufwendungen können beispielsweise in dem Eingehen einer Verbindlichkeit (Zeitungsannoncen zu Werbezwecken) im Vertrauen auf die mangelfreie Herstellung des Bauwerkes liegen.

III. Mängelansprüche nach VOB/B

1. Allgemeines

§ 4 Nr. 7 S. 1 VOB/B regelt den Fall, dass Mängel vor Abnahme auftreten. Auch in diesem Fall ist der Auftragnehmer verpflichtet, diese Mängel zu beseitigen. Da es sich bei dem Zeitraum vor Abnahme um den Erfüllungszeitraum handelt, handelt es sich folgerichtig um einen originären Erfüllungsanspruch.Demgegenüber führen Mängel nach Abnahme zu Gewährleistungsrechten des Auftraggebers.

Ein ganz entscheidender Unterschied zwischen den Mängelansprüchen des Auftraggebers nach§ 4 Nr. 7 VOB/B vor Abnahme und den Gewährleistungsansprüchen des Auftraggebers gem. § 13 VOB/B nach Abnahme besteht darin, dass der Auftragnehmer vor Abnahme nachweisen muss, dass die von ihm erbrachten Leistungen ordnungsgemäß sind.Demgegenüber muss nach Abnahme der Auftraggeber beweisen, dass der aufgetretene Mangel auf die Leistungen des Auftragnehmers zurückzuführen ist. Dieser Unterschied ist auch im Falle eines Prozesses von entscheidender Bedeutung. Vor Abnahme trägt der Auftragnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Nichtvorhandensein von Mängeln, nach Abnahme der Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Mangels. Die Unterscheidung, wer im Falle eines Prozesses die Darlegungs- und Beweislast trägt, ist entscheidend, beispielsweise dafür, wer die Auslagenvorschüsse für etwaige Sachverständige oder sonstige Beweismittel trägt und darüber hinaus auch für die Frage, wer unterliegt, wenn sich eine Tatsache nicht beweisen lässt oder Unklarheiten herrschen. Dies geht immer zu Lasten desjenigen, der die Darlegungs- und Beweislast trägt.

2. Mangelansprüche vor Abnahme gem. § 4 Nr. 7 VOB/B

Sofern Mängel vor Abnahme bestehen, steht dem Auftraggeber zunächst ein Mangelbeseitigungsanspruch zu, es sei denn, der Auftragnehmer beruft sich zurecht darauf, dass die Mangelbeseitigung unmöglich ist oder einen unverhältnismäßigen Aufwand nach sich zieht, worauf im Folgenden noch eingegangen wird.

Daneben steht ihm bereits mit Vorliegen des Mangels, bei dem ein Schaden entstanden ist, ein Schadensersatzanspruch zu. Dieser kann z.B. daraus folgen, dass bedingt durch den Mangel andere Arbeiten nur noch verzögert ausgeführt werden können. Darüber hinaus kann der Auftraggeber von den Abschlagsrechnungen des Auftragnehmers in Höhe der zweifachen Mangelbeseitigungskosten ein Zurückbehaltungsrecht ausüben.Voraussetzung für die weiteren Ansprüche gem. § 4 Nr. 7 VOB/B sind:

  • Vorliegen eines Mangels
  • Setzung einer angemessenen Frist
  • Kündigungsandrohung und Kündigung.

Die Frage, wann ein Mangel vorliegt, wird sowohl für Ansprüche vor Abnahme (vgl. § 4 Nr. 7 VOB/B) als auch nach Abnahme (vgl. § 13 VOB/B) einheitlich beantwortet. Die Mangeldefinition findet sich wie dargelegt in § 13 Nr. 1 VOB/B.

Für die Frage, inwieweit eine Frist angemessen ist, sind Art und Umfang des Mangels entscheidend, d.h. es ist objektiv zu ermessen, in welcher Zeit ein ordnungsgemäß handelnder Auftragnehmer diesen Mangel beseitigen kann. Folgerichtig ist es immer eine Frage des Einzelfalls, was für eine Zeitspanne zur Mangelbeseitigung gesetzt werden muss. Es ist hierbei zu berücksichtigen, dass es einen Anspruchsverlust gemäß § 4 Nr. 7 VOB/B nach sich ziehen kann, wenn der Auftraggeber eine zu kurz bemessene Frist setzt und unmittelbar daran die Ersatzvornahme ausführt, ohne dass dem Auftragnehmer die Möglichkeit zur Mangelbeseitigung gegeben wurde. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Auftragnehmer die Mängel letztlich beseitigen wollte. Eine zu kurz bemessene Frist ist dann unschädlich, wenn der Auftragnehmer die Mangelbeseitigung ablehnt.

Anders als das BGB setzt § 4 Nr. 7 VOB/B für den Ersatz von Ersatzvornahmekosten voraus, dass die Mangelbeseitigungsaufforderung unter Kündigungsandrohung mit anschließender Kündigung erfolgt. Es kann sowohl die Kündigung für Teile (in sich abgeschlossene Leistungen) erfolgen als auch der gesamte Vertrag gekündigt werden. Bei allen Ansprüchen vor Abnahme sollte die Mangelbeseitigungsaufforderung immer unter Kündigungsandrohung erfolgen. Inwieweit es dann im Einzelfall sinnvoll ist, eine Kündigung auszusprechen, sollte dezidiert überprüft werden, da es häufig nicht sinnvoll ist, für geringwertige Mängel die mit erheblichen wirtschaftlichen Folgen verbundene Kündigung eines Vertrages auszusprechen.Um die Möglichkeit jedoch aufrecht zu erhalten, sollte in jedem Fall die Mangelbeseitigungsaufforderung wie beschrieben unter Kündigungsandrohung erfolgen. Eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung und anschließender Kündigung ist nur in eng umgrenzten Ausnahmefällen entbehrlich. Dies ist der Fall, wenn der Auftragnehmer die vertragsgemäße Fertigstellung seines Werks endgültig verweigert.

Gegenstand des Anspruchs können die Ersatzvornahme bzw. Ersatzvornahmemehrkosten sein sowie der Ersatz des weiteren Schadens. Zu beachten ist, dass § 4 Nr. 7 VOB/B anders als § 6 Nr. 6 VOB/B bzw. § 13 Nr. 7 VOB/B (Gewährleistungsansprüche nach Abnahme) keine Haftungsbegrenzung vorsieht. Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/B können gegebenenfalls die Geräte, Gerüste sowie auf der Baustelle vorhandene Einrichtungen, angelieferte Stoffe und Bauteile gegen angemessene Vergütung in Anspruch genommen werden. Inwieweit dies sinnvoll ist, sollte im Falle des Auftragsentzugs genau überprüft werden. Es ist jedenfalls dann sinnvoll, wenn ein siebenstöckiges Bauwerk vollständig eingerüstet ist und eine Neueinrüstung zu erheblichen Zeitverzögerungen und damit wirtschaftlichen Konsequenzen führen würde.

In eng umgrenzten Fällen kann auch ein Wegfall des Interesses an der Ausführung beim Auftraggeber vorliegen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Messestand mangelhaft erstellt worden ist und die Messe vorüber ist. Dann macht auch eine Mangelbeseitigung aus Sicht des Auftraggebers keinen Sinn mehr.

3. Gewährleistungsansprüche nach Abnahme gem. § 13 VOB/B

Der Auftragnehmer ist gem. § 13 Nr. 1 VOB/B verpflichtet, seine Leistungen im Zeitpunkt der Abnahme frei von Sachmängeln zu verschaffen, d.h. - wie bereits dargelegt - die Leistung muss die vereinbarte Beschaffenheit haben und den anerkannten Regeln der Technik entsprechen.

Gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B ist der Auftragnehmer verpflichtet, alle während der Gewährleistungsfrist auftretenden Mängel zu beseitigen. Die Mangelbeseitigungsaufforderung des Auftraggebers sollte nicht nur zu Beweiszwecken schriftlich erfolgen, sondern auch um die Regelfrist des § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B in Gang zu setzen. Auch hier gilt, dass die Frist angemessen sein muss, d.h. die Frist muss so bemessen sein, dass ein ordnungsgemäßer Auftragnehmer die gerügten Mängel innerhalb der Frist beseitigen kann. Läuft die gesetzte Frist fruchtlos ab, stehen dem Auftraggeber entweder ein Selbsthilferecht oder ein Kostenvorschussanspruch für die durchzuführenden Mangelbeseitigungsarbeiten zu und gegebenenfalls auch ein Schadensersatzanspruch. Die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs werden nachstehend noch dargelegt.

Gemäß § 13 Nr. 6 VOB/B besteht die Möglichkeit, dass die Beseitigung des Mangels für den Auftraggeber unzumutbar ist. Beruft sich der Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer darauf, dass die Mangelbeseitigung für ihn unzumutbar ist, kann dieser die Vergütung entsprechend mindern bzw. im Falle der vollständigen Auszahlung den Minderungsbetrag einfordern. Es handelt sich hierbei um einen Ausnahmefall, der auch nur in eng umgrenzten Fällen in Betracht kommt.Grundlage dieser Möglichkeit des Auftraggebers, sich auf die Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung zu berufen, ist § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben). Grundvoraussetzung in diesem Fall ist, dass keine der beiden anderen in § 13 Nr. 6 VOB/B geregelten Fälle vorliegt, d.h. die Mangelbeseitigung muss objektiv möglich sein und darf keinen unverhältnismäßigen Aufwand nach sich ziehen. Ein derartiger Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Auftraggeber Erwerber einer Eigentumswohnung ist, die er zwischenzeitlich weiterveräußert hat, wobei er bei dem Verkaufspreis die Mängel berücksichtigt hat, d.h. der Preis wurde entsprechend reduziert.

Nach § 13 Nr. 6 VOB/B besteht auch die Möglichkeit, dass der Auftragnehmer (anders als der Fall der Unzumutbarkeit für den Auftraggeber) sich darauf beruft, dass die Mangelbeseitigung objektiv unmöglich oder aber unverhältnismäßig ist. Für die Frage der Unmöglichkeit ist nicht auf den betroffenen Auftragnehmer abzusetzen, sondern objektiv festzustellen, dass es auch für andere Unternehmen nicht möglich ist, den aufgetretenen Mangel zu beseitigen.Ein derartiger Fall liegt beispielsweise vor, wenn das zu errichtende Gebäude oder die Gebäudefläche mit einer geringeren Grundfläche / Wohnfläche oder Nutzungsfläche als vertraglich vereinbart errichtet wurde. In diesem Fall kann der Auftragnehmer sich darauf berufen, dass die Vergütung entsprechend zu mindern ist. Dies kann der Auftragnehmer auch dann, wenn die Mangelbeseitigung unverhältnismäßig ist.

Der Grundsatz der Unverhältnismäßigkeit wird häufig dahingehend falsch verstanden, dass lediglich zu prüfen sei, wie hoch der Betrag für die Erstellung im Verhältnis zur Mangelbeseitigung ist. Diese Auffassung ist grundlegend falsch. Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gegeben, wenn der mit der Nachbesserung erzielte Erfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem aufzuwendenden Mangelbeseitigungsbetrag steht. Von Unverhältnismäßigkeit ist damit nur dann auszugehen, wenn ein objektiv geringes Interesse des Auftraggebers an einer mangelfreien Vertragsleistung einem ganz erheblichen unangemessenen Mangelbeseitigungsaufwand gegenübersteht.

Ein ganz entscheidender Unterschied zwischen der VOB/B und dem BGB liegt auch darin, dass gem. § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B eine Regelfrist von 2 Jahren, beginnend mit der Mangelanzeige, läuft. Zu beachten ist, dass diese 2 Jahre selbstverständlich nie vor der ursprünglich vereinbarten Gewährleistungsfrist (z.B. 5 Jahre) ablaufen. Wenn jedoch z.B. am letzten Tag der vereinbarten fünfjährigen Gewährleistungszeit eine schriftliche Mangelanzeige dem Auftragnehmer zugeht, bedeutet dies, dass für die in der Mangelanzeige gerügten Mängel die Regelfrist des § 13 Nr. 5 Abs. 1 VOB/B läuft, ohne dass ein gerichtliches Verfahren anzustrengen ist.

Diese Möglichkeit besteht bei Anwendbarkeit des BGB nicht. Dies betrifft jedoch ausnahmslos die in der Mangelanzeige benannten Mängel sowie ihre Ursachen, jedoch nicht die mangelfreien und damit nicht gerügten übrigen Leistungsbereiche. In diesem Zusammenhang sollte gerade dann, wenn Mangelanzeigen kurz vor Ablauf der ursprünglich vereinbarten Gewährleistungsfrist an den Auftragnehmer gesendet wer-den, sichergestellt sein, dass der Zugang nachweisbar ist.

Anders als das zivile Werkvertragsrecht sieht die VOB/B in § 13 Nr. 7 VOB/B grundsätzlich eine Haftungsbegrenzung vor, d.h. es wird unterschieden zwischen dem sog. "kleinen Schadensersatzanspruch" (§ 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 1 VOB/ B) und dem "großen Schadensersatzanspruch" (§ 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 2 VOB/B). Eine weitere Voraussetzung für den Schadensersatz ist, dass die Schäden auch durch eine Nacherfüllung nicht hätten behoben werden können, bzw. noch zu vermeiden sind (z. B. Verdienstausfall, Mietausfall, oder Gutachterkosten nach vergeblichen Nacherfüllungsversuchen) oder die Nacherfüllung verweigert wird. Die Folgeschäden aus Mängel, die selbst nach der Mängelbeseitigung noch verbleiben, können nur durch Schadensersatzes liquidiert werden.

Wenn der Schaden aus dem Mangel besteht (Identität), ist der Schadensersatzanspruch begründet, wenn eine vom Auftraggeber gesetzte Frist zur Nacherfüllung fruchtlos verstrichen ist, eine Fristsetzung nicht erforderlich war oder die Voraussetzungen der Minderung vorliegen und der Schaden durch die Minderung noch nicht vollständig abgegolten ist. Eine Ausnahme besteht für den Einwand der unverhältnismäßigen Nacherfüllungskosten. Der Schadensersatz ist dann auf Minderung beschränkt.

Liegen auch die Voraussetzungen der Minderung vor, hat der Auftraggeber nach Ablauf einer fruchtlosen Nacherfüllungsfrist ein Wahlrecht auf Schadensersatz oder Minderung. Wird Schadensersatz gewählt, geht das Minderungsrecht betragsmäßig in dem Schadensersatzbetrag auf.

Ist die Gesamtleistung untauglich, werden vom Schadensersatz die Kosten des Abrisses, Abtransportes und der Lagerung oder Vernichtung der entsprechenden Bauteile umfasst. Gutachterkosten, die aufgewendet werden, um an der baulichen Anlage entstandene Schäden festzustellen und zu klären, sind Schäden an der baulichen Anlage, so dass diese Kosten jedenfalls bei Feststellung eines Schadens als Schadensersatzanspruch vom Schädiger erstattet verlangt werden können. Der Anspruch steht von vornherein neben dem Nachbesserungsanspruch.

Den über den Rahmen von § 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 1 VOB/B hinausgehenden Schaden kann der Auftraggeber nur nach den in § 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 2 VOB/B geregelten Voraussetzungen verlangen.

IV. Exkurs

Die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches auf Basis der fiktiven Beseitigungskosten war nach bisheriger Rechtsprechungspraxis des BGH kein Problem: da es keinerlei gesetzliche Vorgaben gibt, wie ein Schaden zu bemessen ist, war lediglich zu prüfen, ob dem Auftraggeber ein Vermögensschaden entstanden ist. Bislang war dieser berechtigt, einen Zahlungsanspruch in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten geltend zu machen. Als Schaden wurde nämlich der Mangel des Werks selbst angesehen, als Schadenshöhe die Beseitigungskosten – und zwar unabhängig davon, ob der Mangel beseitigt wird oder nicht. Blieb eine Beseitigung aus, konnten immerhin die Netto-Kosten verlangt werden.

Hieran hält der BGH ausdrücklich nicht mehr fest. Denn ein messbarer Vermögensschaden falle in Höhe rein fiktiver Aufwendungen gerade nicht an, weil die Kosten nie entstehen, wenn der Mangel nicht beseitigt wird. Auch stelle – insoweit nimmt der BGH eine Kehrtwende vor – der Mangel nicht den Schaden dar, sondern er offenbare ein „Leistungsdefizit“: der Auftragnehmer erbringt ein Werk, das hinter der geschuldeten Leistung zurückbleibt. Folglich dürfe keine Überkompensation stattfinden, sondern der Auftraggeber sei auf sein aus der mangelhaft erbrachten Position folgendes Äquivalenzverhältnis beschränkt. Das heißt beispielhaft: wird eine Einzelposition mit 1.000 Euro beauftragt und mangelhaft ausgeführt, ist das Äquivalenzinteresse des Auftraggebers maximal in Höhe von 1.000 Euro beeinträchtigt, wenn er den Schaden nicht beseitigen lässt. Sollte die tatsächliche Beseitigung deutlich teurer sein, spielt das für die fiktive Schadensberechnung keine Rolle – sie wird ja auch nicht vorgenommen. Eine Unterscheidung zwischen einem BGB-Vertrag und einem solchen unter Geltung der VOB ist nicht vorzunehmen.

Dem Auftraggeber bleiben nunmehr zwei Möglichkeiten, wenn er den Mangel nicht beseitigen lässt: er kann zum einen eine Vermögensbilanz aufstellen, im Rahmen derer er den hypothetischen Wert der (mangelfreien) Sache sowie den tatsächlichen Wert der (mangelhaften) Sache ermitteln lässt und einander gegenüberstellt. Kommt es etwa zur Veräußerung und zum (nachzuweisenden) Mindererlös aufgrund des Mangels, kann dieser als Schadensposition angesehen werden. Alternativ zur Vermögensbilanz kann der Besteller aber auch den mangelbedingten Minderwert des Werks ansetzen, wobei er hier auf sein Äquivalenzinteresse beschränkt ist und im obigen Beispiel maximal 1.000 Euro als Kompensation aufrufen kann.

Jedenfalls sollten Sie sich nicht mit einer mangelbehafteten Arbeit zufriedengeben. Bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche unterstützen wir Sie gerne.

gez. Mario Laux
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verkehrsrecht