Die Formalien der Kündigung:
Kleine Fehler kosten großes Geld

Rechtsanwalt F.W. Dittmann
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Mandantenseminar 14.11.2012



I. Einleitung

Aus langjähriger Erfahrung muss festgestellt werden, dass Arbeitgeber häufig bereits bei der Ausfertigung und Zustellung einer Kündigung eine Vielzahl von Fehlern machen, die im Ergebnis zur Unwirksamkeit der Kündigung führen und damit zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen, im ungünstigsten Fall sogar den Wegfall der Kündigungsmöglichkeit verursachen. Ist eine Kündigung bereits aus formalen Gründen unwirksam, so kommt es auf die inhaltliche Berechtigung nicht mehr an.

Es ist daher sinnvoll, die einzelnen Schritte einer formal wirksamen Kündigung anzusprechen:


II. Schriftform

Seit dem 01.05.2000 gilt für jede Kündigung die Schriftform (§ 623 BGB). D.h. eine mündliche Kündigung ist unwirksam. Das Gleiche gilt für die einvernehmliche Trennung durch Auflösungsvertrag.

Als einzige Ausnahme dienen die Fälle, bei denen das Berufen auf die Schriftform rechtsmissbräuchlich ist und gegen Treu und Glauben verstößt (§ 242 BGB). Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einer aktuellen Entscheidung die Wirksamkeit einer mündlichen Eigenkündigung eines Arbeitnehmers angenommen, der diese mehrfach bei verschiedenen Gelegenheiten gegenüber dem Arbeitgeber ausgesprochen hat. Nicht ausreichend ist eine einmalige Erklärung, dass man das Vertragsverhältnis beenden wolle und zwar auch nicht, wenn der Arbeitgeber diese Erklärung später schriftlich bestätigt. Die Schriftform sollte daher regelmäßig eingehalten werden.

An die Schriftform sind Voraussetzungen geknüpft, die stets zu beachten sind:

  1. 1. Zunächst muss der Aussteller der Kündigung eindeutig zu erkennen sein. Es dürfte daher wenig bringen, die Kündigung ohne Verwendung eines eigenen Firmenbriefbogens auf irgendeinen „Zettel" zu schreiben.
  2. 2. Die eigentliche Willenserklärung muss durch eine eigenhändige Unterschrift bestätigt werden. Dabei genügt nicht irgendein „Kringel", der keine Unterschrift erkennen lässt. Es genügen keine Paraphen (Unterschriftkürzel). Die Unterschrift muss zwar nicht lesbar sein, jedoch ausreichende Züge an Individualität erkennen lassen.
  3. 3. Da die Kündigung eine Originalunterschrift tragen muss, genügt weder ein Fax noch eine E-Mail den formellen Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung.

III. Inhalt

Hier ist es zunächst erforderlich, den Grundsatz der Klarheit zu beachten. Der Wunsch, das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen, sei es ordentlich unter Einhaltung einer anzugebenden Frist oder fristlos, muss eindeutig erkennbar werden. Irgendwelche Verklausulierungen oder Einschränkungen (Kündigung unter Vorbehalt oder unter Bedingungen) führen unweigerlich zur Unwirksamkeit. Auch wenn das Wort "Kündigung" nicht zwingend verwendet werden muss, ist es erforderlich, dass der Beendigungswille zu einem bestimmten Zeitpunkt verständlich mitgeteilt wird.

Nicht notwendig und aus guten Gründen regelmäßig zu unterlassen ist die Angabe der Kündigungsgründe. Durch eine Begrenzung der Kündigungsgründe auf einen bestimmten Bereich (betriebsbedingt/verhaltensbedingt/personenbedingt) wird die Argumentationsbreite in der anwaltlichen Vertretung im Kündigungsschutzprozess unnötig verkleinert. Gründe anzugeben sind aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur bei der Kündigung eines Auszubildenden.


IV. Vertretung

Regelmäßig zu Problemen kommt es immer dann, wenn nicht der Firmeninhaber als Arbeitgeber die Kündigung unterschreibt, sondern ein Vertreter. Ist keine Originalvollmacht beigefügt, die zur Vertretung berechtigt, kann der Arbeitnehmer die Kündigung unverzüglich zurückweisen, was die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge hat.

Ein allgemeiner Hinweis auf die Kündigungsberechtigung am „schwarzen Brett“ ohne Zuordnung an eine bestimmte Person hilft hier nicht weiter. Denkbar ist nur, Kündigungsberechtigte bereits im Arbeitsvertrag namentlich zu benennen oder diese Kündigungsberechtigten auf einer öffentlich zugänglich gemachten schriftlichen Mitteilung namentlich bekannt zu geben.

Bei einer Gesellschaft (GmbH, KG, OHG etc.) hat das vertretungsberechtigte Organ zu unterzeichnen. Sind dies mehrere Personen, so müssen diese alle unterschreiben oder es muss eine interne schriftliche Vertretungsregelung verfasst und beschlossen werden. Kürzel wie i.A. oder i.V. helfen allein nicht weiter.

Die Zurückweisung der Kündigung aus formellen Gründen ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte. Dafür reicht es aus, dass der Arbeitgeber den Kündigenden in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist, z.B. Personalleiter, Prokuristen oder Generalbevollmächtigte.

Insgesamt ist bei durch Vertreter ausgesprochenen Kündigungen immer Vorsicht angebracht.


V. Fristen

Je nach Wahl der Kündigung und Dauer des Arbeitsverhältnisses muss eine bestimmte Frist eingehalten werden. Die fristlose Kündigung wirkt sofort und ohne Einhaltung einer Frist. Bei der ordentlichen Kündigung kann sich die Kündigungsfrist aus einzelvertraglichen Vereinbarungen, aus Tarifverträgen oder dem Gesetz ergeben.

Der häufigste Fall ist die gesetzliche Kündigungsfrist gemäß § 622 BGB. Innerhalb der ersten 2 Jahre kann mit einer Frist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden. Nach 2 Jahren erhöht sich die Frist auf 1 Monat zum Ende des Monats, nach 5 Jahren auf 2 Monate zum Ende des Monats, nach 8 Jahren auf 3 Monate, nach 10 Jahren auf 4 Monate, nach 12 Jahren auf 5 Monate, nach 15 Jahren auf 6 Monate und nach 20 Jahren auf 7 Monate jeweils zum Ende des Kalendermonats.

Nach der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung zählen nur die Jahre ab dem 25. Lebensjahr. Auf Grund einer aktuellen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, wonach diese Bestimmung rechtswidrig ist, darf unterstellt werden, dass zukünftig auch die Jahre vor dem 25. Lebensjahr mitzählen. Solange dies allerdings gesetzlich oder durch die höchstrichterliche Rechtssprechung in Deutschland noch nicht vollzogen ist, kann wie bisher gerechnet werden.

Für den Fall, dass eine Probezeit vereinbart wurde, kann im Vertrag die Kündigungsfrist für diese Zeit auf zwei Wochen verkürzt werden.


VI. Gesetzliche Unwirksamkeitsgründe

Wichtig sind die Kündigungsbeschränkungen, die sich unter anderem aus dem Mutterschutz, dem Schwerbehindertengesetz und dem Arbeitsplatzschutzgesetz ergeben.

Während der Mutterschutzfristen bzw. 4 Monate nach Ablauf und während der Zeit des Erziehungsurlaubs kann ein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden. Eine solche Kündigung kann gegebenenfalls mit Zustimmung des Gewerbeaufsichtsamtes erfolgen. Da die Voraussetzungen hieran derart eng geknüpft sind, wird in der Praxis eine solche Genehmigung so gut wie nie erteilt. Denkbar ist der Fall der Betriebsstilllegung.

Ein in der Praxis häufig vorkommender Fall ist der Umstand, dass der Arbeitgeber bei dem Ausspruch der Kündigung keine Kenntnis von der Schwangerschaft hatte. Dies ist nach dem Gesetz auch nicht erforderlich. In § 9 des Mutterschutzgesetzes ist geregelt, dass die Kündigung auch dann unwirksam ist, wenn die Schwangere innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung den Tatbestand mitteilt bzw. kann sogar die Frist überschritten werden, wenn die Fristüberschreitung auf einem von der Frau nicht vertretenen Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird.

Bei der Kündigung eines Schwerbehinderten muss vorher die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden. Hier gibt es seit 1992 eine Neuerung, wonach diese Bestimmungen nicht für Arbeitsverhältnisse gelten, die noch keine 6 Monate andauern. Insofern ist es sehr wichtig, bereits bei der Einstellung nach der Schwerbehinderung zu fragen und die ersten 6 Monate dazu zu nutzen, sich ein Bild von der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers zu machen. Allerdings besteht unter Berücksichtigung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes durchaus auch ein Risiko in Richtung Schadensersatz, soweit man einen befragten Bewerber ablehnt.

Auch bei der Schwerbehinderung kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung die festgestellte Schwerbehinderung kannte bzw. wusste, dass der Arbeitnehmer einen Antrag auf Feststellung bei dem Versorgungsamt gestellt hat. Der Arbeitnehmer muss aber in den Fällen, in denen der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft nichts weiß, nach Zugang der Kündigung innerhalb einer Frist von drei Wochen gegenüber dem Arbeitgeber die festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft geltend machen.

Eine weitere Kündigungsbeschränkung ergibt sich aus dem Arbeitsplatzschutzgesetz für Arbeitnehmer, die zum Wehrdienst eingezogen sind.

Beschränkungen können sich aus Tarifverträgen ergeben, soweit Kündigungsverbote von einer bestimmten Altersstufe oder Betriebszugehörigkeit abhängig gemacht wird.


VII. Anhörung Betriebsrat

Sollte in einem Betrieb ein Betriebsrat eingerichtet sein, wäre vor Ausspruch der Kündigung gemäß § 102 BetrVG der Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören. Dem Betriebsrat sind alle erforderlichen Statusangaben (Alter / Betriebszugehörigkeit / Unterhaltsverpflichtungen / Behinderung) mitzuteilen und die Gründe im Detail darzulegen. Auch die Art der beabsichtigten Kündigung (ordentlich/fristlos oder Änderungskündigung) ist mitzuteilen. Die fehlende Zustimmung des Betriebsrates ist allerdings nicht Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung, es sei denn, es geht um die Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes.


VIII. Zugang der Kündigung

Ist der Arbeitnehmer im Betrieb anwesend, kann man allen Zustellungsproblemen aus dem Wege gehen und sinnvollerweise die Kündigung persönlich übergeben unter Einbeziehung eines Zeugen oder man lässt sich den Empfang quittieren.

Probleme entstehen immer dann, wenn die Kündigung gegenüber einem Abwesenden ausgesprochen werden soll. Dabei wird in der Regel ein Einschreibebrief oder ein Einwurf-Einschreiben deutlich überschätzt. Fehler treten häufig bei der Zustellung durch die Post auf oder der Arbeitnehmer reagiert nicht auf die Benachrichtigung des Postboten und das Kündigungsschreiben wird nicht abgeholt.

Insofern bleibt als effizienteste Zustellungsform der Bote. Man beauftragt einen Boten, gegebenenfalls auch noch eine Begleitperson und veranlasst den Einwurf des Kündigungsschreibens in den Briefkasten oder die persönliche Übergabe.


IX. Fazit

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass bei der Abfassung und der Zustellung einer Kündigung eine Vielzahl von Fehlern begangen werden können, die eine Unwirksamkeit der Kündigung bedingen. Ohne, dass es letztlich auf die Kündigungsgründe ankommt, muss in diesen Fällen mit dem Unterliegen im Kündigungsschutzprozess gerechnet werden. Das Arbeitsverhältnis hat in diesen Fällen weiterhin Bestand und gegebenenfalls ist die Kündigungsmöglichkeit durch Zeitablauf oder andere Ereignisse entfallen.

Es macht daher Sinn, in Erwägung zu ziehen, bereits vor Ausspruch der Kündigung das weitere Vorgehen und die Strategie mit dem Anwalt des Vertrauens abzustimmen.