Kündigung wegen Schlechtleistung:
Vom Umgang mit dem low performer

Seminarvortrag Rechtsanwalt F.W. Dittmann
Mandantenseminar 12.5.2009


In der Bibel steht: "Viele sind berufen, wenige jedoch sind auserwählt" und im Fußball sagt man: "Die Hoffnung stirbt zuletzt". In der Arbeitswelt finden wir diese Betrachtung in den Zeugnissen wieder, durch Formulierungen wie: "Er bemühte sich, den in ihn gesetzten Anforderungen gerecht zu werden".

Es geht um Arbeitnehmer, die aus verschiedensten Gründen die geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen können und zu einer täglichen tatsächlichen und langfristig wirtschaftlichen Belastung des Unternehmens werden. Gerade in schwierigen Zeiten wird es sich kein Unternehmen leisten können, solche Arbeitnehmer dauerhaft weiter zu beschäftigen. So genannte low performer gibt es in verschiedenen Varianten, wobei bei jeder Variante ein anderes juristisches Konzepte herangezogen werden muss.

Wir unterscheiden:

" Die Eunuchen: Mitarbeiter, die zwar wollen, jedoch nicht können.
" Die Trittbrettfahrer: Mitarbeiter, die zwar können, jedoch nicht wol-len.
" Die Hoffnungslosen: Mitarbeiter, die weder können, noch wollen.



I. Eunuchen:

Es geht hier um Mitarbeiter, die durchaus gewillt sind eine vertragskonforme Arbeit zu leisten, allerdings aus Gründen wie auch immer keine tragfähigen Ergebnisse bringen können. Sie sind geistig oder physisch überfordert.

Zunächst stellt sich die Frage, welche Arbeitsleistung überhaupt erbracht wer-den muss. Das Direktions- oder Weisungsrecht gestattet dem Arbeitgeber, die Einzelheiten der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung näher zu bestimmen, soweit diese nicht im Arbeitsvertrag oder durch Tarifvertrag, bzw. Betriebsvereinbarung abschließend geregelt sind (§ 106 GewO). Es macht Sinn, generell Arbeitsplatzbeschreibungen dem Arbeitsvertrag beizufügen, da dies in der Regel zur Erleichterung der Problemlösung führt.

Mit der Definition der geschuldeten Arbeit ist es allerdings nicht getan, da sich im Laufe der Zeit die Anforderungen ändern können. In jedem Beruf besteht die Notwendigkeit, die Fortentwicklung geistiger und technischer Bereiche in der ausgeübten Tätigkeit umzusetzen. Vertragszweck, Interessenlage, Ver-kehrssitte, sowie der Grundsatz von Treu und Glauben gebieten es, den Inhalt des Arbeitsverhältnisses im Sinne der neuen tatsächlichen Gegebenheiten aus-zulegen. Dabei muss der Arbeitgeber nicht so lange warten, bis die Mehrzahl der allgemein im jeweiligen Berufsbild tätigen Arbeitnehmer sich die erforder-liche Fähigkeit oder Qualifikation angeeignet hat. Es genügt, dass die betref-fende Fähigkeit bereits am Arbeitsmarkt nachgefragt wird (LAG Hamm, LAGE § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 20).

Kann der Arbeitnehmer die geschuldete Leistung trotz stetiger Bemühung nicht erreichen, oder fällt er nachweislich im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern im Ergebnis dauerhaft zurück, so ist die Konsequenz eine personenbedingte Kündigung. Diese hat gänzlich andere Voraussetzungen, als betriebsbedingte oder verhaltsbedingte Kündigungen.

Zunächst ist die Diagnose und Zukunftsprognose zu stellen, das heißt, die man-gelhafte Leistung wäre darzustellen. Eine negative Zukunftsprognose kann am Besten durch Bemühungen dargelegt werden, die der Arbeitgeber zu der Ver-besserung der Leistung veranlasste, insbesondere Qualifikationsmaßnahmen.

Darüber hinaus wäre die Beeinträchtigung der Betriebsabläufe (Minderergeb-nis/Produktionsstörungen) darzulegen. Letztlich verbleibt der Nachweis, dass es keinen Arbeitsplatz gibt, auf dem man den Arbeitnehmer "leidensgerecht" unterbringen könnte.



II. Trittbrettfahrer

Hier ist der Ausgangspunkt der gleiche, nämlich ein schlechtes Arbeitsergeb-nis. Grund ist allerdings nicht die individuelle Unfähigkeit, sondern die fehlen-de Bereitschaft, die geschuldete Arbeit zu leisten oder sich die notwendige Qualifikation anzueignen. (Beispiel: Die Sekretärin verweigert das Lernen ei-nes neuen Schreibprogramms. Ein gewerblicher Arbeitnehmer verweigert das Lernen der Bedienungselemente einer neuen Maschine).

Die Weiterbildungspflicht des Arbeitnehmers korrespondiert mit seiner ver-traglichen Leistungspflicht. Gehören die Arbeiten, die dem Mitarbeiter über-tragen werden sollen, zur arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit, verfügt er aber wegen der im Laufe der Zeit gestiegenen Anforderungen nicht über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse, kann der Arbeitgeber zur Vorberei-tung auf die Arbeit auch eine entsprechende Schulung verlangen (ArbG Bonn, NZA 1991, 512). Die Anordnung fällt unter das Direktionsrecht des Arbeitge-bers. In der Regel muss allerdings der Arbeitgeber Fortbildungsmaßnahmen, die zur Erfüllung der Qualifikation dienen, bezahlen.

Weigert sich der Arbeitnehmer ein adäquates Arbeitsergebnis zu erzielen, oder die notwendige Qualifikation herbeizuführen, ist die Konsequenz hier die ver-haltensbedingte Kündigung.

Voraussetzung hier wäre eine ordnungsgemäße Abmahnung der Schlechtleis-tung, wobei es nicht unterlassen werden darf, die Schlechtleistung auch sehr genau zu bezeichnen und die Konsequenzen (drohende Kündigung) klar anzu-sprechen.



III. Hoffnungslose:

In dieser Kategorie geht es darum, dass ein Arbeitnehmer beschäftigt wird, der weder die geschuldete Arbeit leisten kann, noch diese leisten will.

Es geht um Fälle, wo der Arbeitgeber ein neues Anforderungsprofil an den Arbeitsplatz stellt, das der bisher geschuldeten Arbeit nicht entspricht (Bei-spiel: Der Finanzbeamte, der als Hobby-Fußballer eine Fußballmannschaft trainiert, die zukünftig von einem examinierten Trainer geführt werden soll. Der technische Zeichner, der bisher am Reißbrett gezeichnet hat und zukünftig Pläne am Computer mit Hilfe von CAD-Programmen fertigen soll).

Hier hilft weder eine personenbedingte noch eine verhaltensbedingte Kündi-gung, da von dem Arbeitnehmer etwas verlangt wird, was er nach dem Ar-beitsvertrag nicht schuldet. Damit wird der Weg zur betriebsbedingten Kün-digung eröffnet.

Die Gestaltung des Anforderungsprofils eines Arbeitsplatzes unterliegt der freien unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers. Dies gilt auch für die Änderung des Anforderungsprofils. Als freie unternehmerische Entscheidung ist sie von den Arbeitsgerichten nur begrenzt überprüfbar, nämlich darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG, NZA 2006, 266). Die Organisationsentscheidung begründet nur dann ein dringendes be-triebliches Erfordernis für eine Kündigung, wenn sie ursächlich für den be-haupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. In der Praxis wird man dem Gericht darstellen müssen, warum eine neue Gestaltung des Anforde-rungsprofils entschieden wurde und wie sich dies auf den konkreten Arbeits-platz auswirkt.

Es lässt sich nicht leugnen, dass die Änderung des Anforderungsprofils eine durchaus praktikable Lösung darstellt, um sich eventuell von einem nicht ko-operierenden Mitarbeiter zu trennen, in dem man das Anforderungsprofil an seinen Fähigkeiten vorbei entwickelt. Gleichgültig, welchen Weg man für die Reaktion auf die Schlechtleitung wählt, ist es immer sinnvoll, dass der Arbeit-geber mit seinem Fachanwalt des Vertrauens die Vorgehensweise abstimmt.


F.W. Dittmann
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht