Ein Rechtsstreit verursacht Stress. Die Angst vor Anwalts-, Sachverständigen- und Gerichtskosten verstärkt das noch. Die finanziellen Risiken eines Rechtsstreits können jedoch durch eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt werden.
Es ist immer wieder zu hören: „Eine Rechtsschutzversicherung? Die brauche ich nicht!“ Die Aussage trifft jedoch bereits dann nicht mehr zu, wenn man Arbeitnehmer ist, mit einem Fahrzeug im Straßenverkehr teilnimmt oder zur Miete wohnt. Eines haben die genannten Bereiche gemein. Man kann vollkommen unverschuldet in einen Rechtsstreit geraten – ein Rechtsstreit, bei dem teure Sachverständigenkosten anfallen oder bei dem die Rechtsverfolgungskosten selbst getragen werden müssen. Im arbeitsrechtlichen Verfahren gibt es in der ersten Instanz beispielsweise keinen Kostenerstattungsanspruch wie er in den zivilgerichtlichen Verfahren ansonsten üblich ist.
Eine Rechtsschutzversicherung ermöglicht also, sein Recht ohne Angst vor den Kosten durchzusetzen und sich voll auf die Klärung des eigentlichen Anliegens konzentrieren können.
Die Rechtsschutzversicherungen unterscheiden sich jedoch stark im Preis. Ein Vergleich von Preis und Leistung lohnt sich daher immer. Hier hilft beispielsweise der Test von Stiftung Warentest Rechtsschutzversicherung im Vergleich weiter. Die Preise unterscheiden sich bei ein und demselben Anbieter regelmäßig bereits dadurch, welche Selbstbeteiligung je Rechtsschutzfall vereinbart wurde. Es gilt die Regel: Je höher die Selbstbeteiligung ist, desto niedriger ist der Jahresbeitrag. Meist machen Rechtschutzversicherungen Sinn, bei denen der Mandant im Falle eines versicherten Rechtsstreits nicht mehr als 150 Euro Selbstbeteiligung zahlen muss. Das entspricht ungefähr den üblichen Kosten einer Erstberatung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Eine juristische Erstberatung bei einem niedergelassenen Rechtsanwalt kostet einen Verbraucher üblicherweise bis zu 190 Euro zzgl. MwSt.
Im Test der Stiftung Warentest (zuletzt geschaut: 30.10.2025) fallen nach meinem Eindruck beispielsweise diese Rechtsschutzversicherungen durch ein konstant hohes Qualitätsurteil im Ranking auf: Die ADAC Premium ohne Selbstbeteiligung, die Allianz RS Privat Premium ohne Selbstbeteiligung, die ADAC Premium mit 150 Euro Selbstbeteiligung je Rechtsschutzfall und die WGV: PBV Optimal mit 150 Euro Selbstbeteiligung je Rechtsschutzfall.
Das soll nicht heißen, dass andere Versicherer nicht zu empfehlen sind. Neben der Bereitschaft zur Zahlung eine Selbstbeteiligung kommt es selbstverständlich auf die individuellen Bedürfnisse und den versicherten Umfang an. So sind etwa Rechtsstreitigkeiten aus dem Familien- und Erbrecht wie Scheidung, Unterhalt oder Sorgerecht nicht in jedem Basis-Tarif enthalten oder oftmals nur mit einem Pauschalbetrag abgedeckt.
Besonderheit beim ADAC: Alle ADAC-Mitglieder können sich auch ohne Rechtsschutzversicherung für eine kostenlose Erstberatung in Rechtsfragen, die sich auf Straßenverkehr, Führerschein, Autokauf und Reise konzentriert, entweder an die JuristInnen des ADAC e.V. oder an die ADAC VertragsanwältInnen vor Ort wenden. Wer allerdings eine Rechtsschutzversicherung beim ADAC abgeschlossen hat, kann sich darüber hinaus auch zu anderen Rechtsbereichen beraten lassen.
Eine Rechtsschutzversicherung kann nicht rückwirkend abgeschlossen werden. Streitfälle, die vor Versicherungsbeginn entstanden sind, sind in der Regel nicht abgedeckt. Meist gelten je nach Rechtsgebiet Wartezeiten von drei bis zwölf Monaten. Die einzige mir bekannte Ausnahme von diesem Grundsatz, allerdings nur bezogen auf ausgewählte Streitfälle, gibt es etwa bei der ARAG mit den Spezialpolicen „Mietrechtsschutz Sofort“ und „Verkehrsrechtsschutz Sofort“. Voraussetzung in den Tarifen ist, dass noch kein Anwalt beauftragt wurde.
Es gilt das Recht der freien Anwaltswahl. Der Rechtsschutzversicherer kann Ihnen Anwälte vorschlagen, die Wahl liegt jedoch bei Ihnen. Die Versicherung darf Ihnen Ihren Anwalt nicht vorschreiben.
Bei einer Rechtsschutzversicherung besteht grundsätzlich die Möglichkeit der freien Anwaltswahl, wie sie im deutschen Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt ist. Die meisten Rechtsschutzversicherer bieten ein Netzwerk vertrauter Anwälte. Zur Wahrheit gehört aber auch: Bei manchen Rechtsschutzversicherern geht das mit Gebührenkürzungen einher. Die Anwälte werden faktisch erst gegen Abschluss einer Gebührenrahmenvereinbarung empfohlen. Wir als Kanzlei haben diesem Vorgehen eine Absage erteilt und bewahren uns unsere Unabhängigkeit. Lediglich bei Fällen im Zusammenhang mit der Tätigkeit als ADAC Vertragsanwalt gelten bei uns Besonderheiten.
Vom Freistaat Bayern kam zuletzt der Vorschlag, die Rechtsberatung unmittelbar durch die Versicherer zu erlauben und zu diesem Zweck das Rechtsdienstleistungsgesetz zu ändern. Der angebrachte Verweis auf die erheblichen Kosten, die etwa durch „beworbene Masseverfahren“, wie den teils nicht recht nachvollziehbaren Klagen bei Widerrufen von Verträgen oder gegen Prämienanpassungen in der Krankenversicherung entstanden sind, ist aus Sicht der Versicherungsbranche nachvollziehbar. Damit werden allerdings alle Rechtssuchenden und die gesamte Anwaltschaft zu Unrecht über einen Kamm geschert. Die Kollision mit dem Grundsatz der freie Anwaltswahl und die Gefahr der Interessenkollision können als klare Argumente gegen den Vorschlag aus Bayern für die Herbst-Justizministerkonferenz 2025 entgegengebracht werden. Es darf nicht vergessen werden, dass die Anwaltschaft als echtes Organe der Rechtspflege den Interessen der Mandantschaft dient. Der klaren Absage an den Vorschlag, sowohl durch die Bundesrechtsanwaltskammer und dem Deutschen Anwaltsverein, ist daher zuzustimmen.
Von den Privatrechtsschutzversicherungen regelmäßig ausgeschlossen sind Rechtsstreitigkeiten aus den folgenden Bereichen: Die Wahrnehmung von Interessen in einem direkten ursächlichen Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder ausgeübten gewerblichen, freiberuflichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit; die Abwehr von Schadenersatzansprüchen, sofern sie nicht auf einer Vertragsverletzung beruhen; Fälle mit ursächlichem Zusammenhang zu einer vorsätzlich begangenen Straftat. Diese Rechtsstreitigkeiten sind aufgrund Vorsatzes entweder nicht versicherbar oder sollten beispielsweise durch die spezielle Haftpflichtversicherung der D&O-Versicherung für Führungskräfte, Vorstände und Aufsichtsräte abgesichert werden bzw. fallen ohnehin bereits in den Deckungsschutz einer Haftpflichtversicherung. So übernimmt beispielsweise die Kfz-Haftpflichtversicherung die Kosten für die Abwehr unbegründete Schadenersatzforderungen gegen den Versicherten aus einem Verkehrsunfall.
Der Verfasser dieses Beitrages ist Fachanwalt für Familienrecht und auch Fachanwalt für Verkehrsrecht sowie ADAC Vertragsanwalt.