Das asymmetrische Wechselmodell bezeichnet eine Form der Kinderbetreuung nach einer Trennung oder Scheidung. Hierbei wird das gemeinsame Kind von beiden Elternteilen betreut, jedoch nicht zu gleichen Teilen. Anders als im paritätischen Wechselmodell („echtes Wechselmodell“), bei dem die Betreuung annähernd hälftig auf beide Eltern verteilt ist, übernimmt beim asymmetrischen Wechselmodell ein Elternteil einen deutlich größeren Anteil der Betreuungstage, während der andere Elternteil das Kind seltener betreut. Der Elternteil mit dem größeren Betreuungsanteil übernimmt mehr Naturalunterhalt (z.B. Unterkunft, Verpflegung während der Betreuungszeit). Das asymmetrische Wechselmodell bildet die Realität ab, dass der klassische Wochenendumgang immer öfter erweitert wird und vielmehr beide Elternteile Verantwortung für das Kind übernehmen – aber nach wie vor in unterschiedlichem Umfang.
Mit der Vereinbarung des asymmetrischen Wechselmodell geht oftmals die Diskussion um eine gerechte Verteilung der Unterhaltslast entsprechend Betreuungsaufwand und finanzieller Leistungsfähigkeit einher . Diese Frage der angemessenen Unterhaltsregelung ist in der familienrechtlichen Praxis von besonderer Bedeutung und sorgt weiterhin für sehr rege Diskussionen. Eine grundsätzliche Klärung durch den Bundesgerichtshof (BGH) steht noch aus.
Vor diesem Hintergrund richtet sich das Augenmerk auf die anstehende Entscheidung des Bundesgerichtshofs, von der wichtige Leitlinien für die Zukunft erwartet werden. Die endgültige Klärung der unterhaltsrechtlichen Fragen zum asymmetrischen Wechselmodell wird vom BGH im Verfahren XII ZB 415/25 erwartet. Die angegriffene Entscheidung des Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschluss v. 27.8.2025 – 5 UF 86/24) gibt dazu Gelegenheit.
Berechnungsmethoden
Die bisherige Entwicklung zur Bestimmung des Unterhalts im Wechselmodell lässt sich nach Rubenbauer/Dose, FamRZ 2025, 1678 grob wie folgt skizieren:
Nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB haften beide Eltern anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Beim paritätischen Wechselmodell wird der Unterhalt anteilig als Barunterhalt von beiden Elternteilen geleistet, da die Betreuung gleichmäßig erfolgt. Beim asymmetrischen Wechselmodell sind die Betreuungsleistungen der Eltern dagegen nicht gleich verteilt. Der BGH hat entschieden, dass der Betreuungsunterhalt des weniger betreuenden Elternteils dem Barunterhalt gleichwertig ist. Der Naturalunterhalt, den der weniger betreuende Elternteil leistet, wird als teilweise Erfüllung des Barunterhalts gewertet. Der Bedarf des Kindes wird ermittelt und die Haftungsquote der Eltern anhand des Betreuungsumfangs und der Einkommensverhältnisse berechnet. Der Elternteil, der mehr Barunterhalt schuldet, muss die Differenz an den anderen Elternteil zahlen, wenn der Bedarf des Kindes bei ihm geringer ist. Es ist also zunächst der Bedarf des Kindes und sodann eine Quote zu errechnen, in dessen Umfang die Eltern dem Kind unterhaltspflichtig sind. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes nicht nur beim mehrheitlich betreuenden Elternteil anfällt, sondern im Umfang des Aufenthalts bei dem anderen Elternteil auch dort und dieser Elternteil insoweit neben der Wohnung und den Lebenshaltungskosten während des Aufenthalts des Kindes bei ihm auch weiteren Naturalunterhalt erbringt. Diese Kosten müsste der mehrheitlich betreuende Elternteil ihm erstatten, wenn er einen Unterhaltsanspruch wie in Fällen des Residenzmodells hätte.
Anhand eines Beispiels soll gezeigt werden, wie im asymmetrischen Wechselmodell sowohl Einkommensverhältnisse als auch Betreuungsumfang berücksichtigt werden können, um die Unterhaltspflicht gerecht zu verteilen.
Angenommen, die Eltern Anna und Bernd leben getrennt und haben ein gemeinsames Kind, das im asymmetrischen Wechselmodell betreut wird. Anna betreut das Kind an 10 Tagen im Monat, Bernd an 20 Tagen. Beide sind unterhaltspflichtig nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB, anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen. Das monatliche Einkommen von Anna beträgt 2.000 €, das von Bernd 4.000 €. Der Gesamtbedarf des Kindes wird mit 900 € angesetzt. Betreuungsanteil: Anna 33 % (10 von 30 Tagen), Bernd 67 % (20 von 30 Tagen). Einkommensquote: Anna 33 % (2.000 von 6.000 €), Bernd 67 % (4.000 von 6.000 €).
Die Haftungsquote ergibt sich aus einer rechnerischen Vermischung der Einkommens- und Betreuungsquote. Der Haftungsanteil entspricht hier im Beispiel im Ergebnis wieder der Einkommensquote, da Betreuungs- und Einkommensverhältnisse identisch sind. Der Naturalunterhalt, den Anna für die 10 Tage leistet, wird als teilweise Erfüllung des Barunterhalts gewertet. Das heißt, Anna trägt für die Zeit, in der das Kind bei ihr lebt, anteilig die Kosten für Wohnung, Verpflegung usw. Um die Zahlungspflicht zu berechnen, wird zunächst der Barunterhaltsbedarf ermittelt: Anna müsste nach der Einkommensquote 297 € (33 % von 900 €) und Bernd 603 € (67 % von 900 €) für das Kind aufbringen. Da Bernd das Kind überwiegend betreut, entstehen auch bei ihm höhere Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Anna muss daher Bernd die Differenz zwischen ihrem Anteil und dem Naturalunterhalt, den sie bereits durch ihre Betreuung erbringt, zahlen. Dazu ist der Naturalunterhalt konkret zu beziffern und vom rechnerischen Barunterhaltsanteil abzuziehen.
Teils wird dann noch die Minderung des Gesamtbedarfs durch die anteilige Betreuung berücksichtigt. Beispielsweise wird eine Minderung um z.B. 10 % bis 15 % des Gesamtbedarfs genannt, wenn der Betreuungsanteil entsprechend hoch ist. Für das Beispiel hier würde eine Reduktion des Barunterhalts um 10 % (also 90 €) bedeuten, dass der zu verteilende Barunterhalt nur noch 810 € beträgt.
Würde Anna das Kind wie im klassischen Residenzmodell nur selten betreuen, müsste sie Bernd (fast) den gesamten Barunterhalt überweisen. Im asymmetrischen Wechselmodell wird der Naturalunterhalt für die Tage, an denen das Kind bei Anna ist, angerechnet. Bernd erhält von Anna nur den Ausgleich für die Differenz zwischen dem Bedarf des Kindes und dem Naturalunterhalt, den Anna bereits geleistet hat.
Entscheidung des OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf setzt sich in der angegriffenen Entscheidung (Beschluss v. 27.8.2025 – 5 UF 86/24, FamRZ 2025, 1711) mit den bisher bestrittenen Berechnungsmodellen (Borth, FamRZ 2023, 405 ff. und Rubenbauer/Dose, FamRZ 2022, 1497 ff.)) und dem Diskussionsentwurf des Bundesministerium der Justiz zur Reform des Unterhaltsrechts auseinander, lehnt die Ansätze jedoch nachvollziehbar als mit geltendem Recht unvereinbar ab und kommt zum Ergebnis:
Wenn die Betreuungszeiten der Eltern um mindestens 10 % voneinander abweichen, liegt kein echtes Wechselmodell vor. Die Qualität oder Intensität der Betreuung spielt dabei keine Rolle. Der Kindesunterhalt sei allein nach dem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils zu bemessen. Denn es liege ein Residenzmodell mit erweitertem Umgang vor. Die Lebensstellung des Kindes könne dann schon von Gesetzes wegen nur durch die Einkommens- und Vermögensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils begrenzt werden. Der andere Elternteil erfülle seine Pflicht immerhin durch Betreuung, so dass er von der Barunterhaltspflicht befreit ist. Das gelte selbst bei intensiver Mitbetreuung. Der Mehraufwand des barunterhaltspflichtigen Elternteils könne daher allenfalls durch eine Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle um mehrere Einkommensgruppen berücksichtigt werden.
Der Senat orientiert sich bei der Herabstufung der Unterhaltspflicht daran, in welchem Umfang der mitbetreuende Elternteil durch Naturalunterhalt zum Bedarf des Kindes beiträgt. Dieser Anteil wird pauschal geschätzt, wobei davon ausgegangen wird, dass die Mitbetreuung bei erweitertem Umgang etwa 45 % der kindbezogenen Verbrauchsausgaben betrifft. Je nach Betreuungsanteil ergibt sich daraus eine bestimmte prozentuale Bedarfsdeckung, die wiederum eine Herabgruppierung in der Düsseldorfer Tabelle rechtfertigt (z. B. bei 15 % Bedarfsdeckung drei Einkommensgruppen, bei 20 % vier Einkommensgruppen). Im Extremfall kann der Bedarf sogar unter den Mindestunterhalt sinken. Der weniger betreuende Elternteil bleibt grundsätzlich zur Zahlung jedenfalls des Mindestunterhalts verpflichtet.
Es bleibt abzuwarten, ob der BGH dem Berechnungsmodell aus Düsseldorf folgt oder sich im Wege der Auslegung eher den übrigen Berechnungsmodellen und auch dem Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justiz v. 9.12.2024 betreffend den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Unterhaltsrechts anschließt. Bericht folgt…
Der Verfasser des Beitrags ist zugleich ADAC Vertragsanwalt.