Ein besonders gravierende Fall des Vandalismus gibt Anlass die Haftung von Minderjährigen und deren Eltern aus Aufsichtspflichtverletzung einmal genauer zu betrachten. Haften Eltern wirklich für ihre Kinder?
Zwei siebenjährige Schüler richteten in einer Grundschule in Mayen erheblichen Schaden an. Sie verstopften die Abflüsse der Waschbecken, drehten das Wasser auf und fluteten so einen frisch renovierten Raum. Weiter zerstörten sie Gegenstände wie Kunstwerke, Bilderrahmen und Namensschilder und so weiter. Die Rhein Zeitung berichtete hierüber in Ihrer Ausgabe vom 04.10.2025. Die Rhein Zeitung schreibt, dass die Kinder mit sieben Jahren zwar noch strafunmündig seien, aber die zivilrechtliche Haftung auf die Kinder und gegebenenfalls auf die Eltern zukomme. Die örtliche Polizei wird gar mit den Worten zitiert, dass Kinder bereits mit sechs Jahren in der Verantwortung seien.
Wann haften Kinder?
Minderjährige Kinder sind unerfahren und schutzbedürftig. Aus diesem Grund sieht § 828 BGB eine Verantwortlichkeitsgrenze vor. Danach gilt:
Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Kinder, die noch keine sieben Jahre alt sind, können also für die verursachten Schäden zivilrechtlich nicht verantwortlich gemacht werden. Entscheidend ist, ob die Kinder tatsächlich das siebente Lebensjahr bereits vollendet haben, also den siebten Geburtstag bereits gefeiert haben.
Für den Straßenverkehr gelten sogar noch umfassendere Haftungsprivilegien. Hierzu erlaube ich mir auf den Beitrag Kinder im Straßenverkehr – Änderung der StVO“ zu verweisen.
Aber auch Siebenjährige und ältere Kinder können von der Haftung ausgenommen sein, wenn Ihnen »die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht« fehlt.
Muss die Privathaftpflichtversicherung zahlen?
Privathaftpflichtversicherungen sind weit verbreitet. Der Abschluss einer Versicherung beeinflusst aber die rechtliche Haftung nicht. Für den Fall, dass das Haftungsprivileg greift, muss auch ein Privathaftpflichtversicherer nicht zahlen. Bei Schäden, die von deliktunfähigen Kindern verursacht werden, besteht keine gesetzliche Haftung und damit grundsätzlich kein Versicherungsschutz. Es sei denn, es wurde in die Versicherung eine spezielle Klausel für „Schäden bei Deliktunfähigkeit“ aufgenommen.
Um den Ärger mit dem Nachbarn über die zerschossene Fensterscheibe zu umgehen, sollten Eltern beim Abschluss der Privathaftpflichtversicherung immer ein Kreuz bei „Schäden bei Deliktunfähigkeit mitversichert“ machen.
Haften die Eltern?
Eltern oder andere Aufsichtspflichtige haften unter dem Gesichtspunkt der Aufsichtspflichtverletzung nicht nur dann, wenn Kinder als Schadensverursacher nicht haftbar gemacht werden können. Sie können auch neben den Kindern haften. Eltern oder andere Aufsichtspersonen haften aber auch nur und ausschließlich dann, wenn sie nachweislich nicht richtig aufgepasst haben.
Nur bei Verletzung der Aufsichtspflicht kommt eine Haftung der Eltern oder Aufsichtspersonen in Betracht. Der immer wieder zu lesende Ausspruch „Eltern haften für ihre Kinder!“ ist Unsinn.
Die Eltern oder Aufsichtspersonen können sich entlasten, wenn sie nachweisen, dass sie ihrer Aufsichtspflicht genügt haben oder der Schaden auch bei ordnungsgemäßer Aufsicht entstanden wäre. Die Aufsichtspflicht bedeutet nicht, dass Kinder an die Leine zu legen sind. Es kommt ganz auf den Einzelfall an.
Ein schönes Beispiel hierfür bietet die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aus dem Jahr 2018 (Beschluss v. 26.4.2018 – I-4 U 15/18). Das OLG entschied, dass Eltern ihre dreijährigen Kinder nach dem Zubettbringen nicht ständig beaufsichtigen müssen. Wenn ein Elternteil unbeabsichtigt in einem anderen Raum einschläft und das Kind dabei einen Leitungswasserschaden verursacht, liegt keine Aufsichtspflichtverletzung vor. Ein Toilettengang ohne direkte Überwachung ist in einer geschlossenen Wohnung unproblematisch. Es genügt, wenn die Eltern sich in Hörweite aufhalten.
Müssen die Eltern zahlen, wenn das Kind kein Geld hat?
Deliktsfähige Kinder haften grundsätzlich persönlich für die von ihnen verursachten Schäden, sofern sie über die notwendige Einsichtsfähigkeit verfügen und keine Haftungsprivilegien besteht. Die Haftung des Kindes besteht dann unabhängig von dessen Vermögenssituation.
Bei Zahlungsunfähigkeit des Kindes trägt der Geschädigte das Risiko seinen Anspruch nicht realisieren zu können.
Daran ändert auch nichts, dass die Eltern die gesetzlichen Vertreter des Kindes sind und ihnen die Vermögenssorge (§§ 1626, 1638 BGB) obliegt. Vermögenssorge bedeutet lediglich, dass die Eltern das Vermögen ihres minderjährigen Kindes verwalten und dieses vor Nachteilen schützen sollen. Die Eltern sind lediglich verpflichtet, im Rahmen der Vermögenssorge das Vermögen des Kindes so zu verwalten, dass der geschädigte Gläubiger auf dieses Vermögen zugreifen kann. Die Eltern dürfen das Vermögen des Kindes also nicht beiseiteschaffen oder dem Zugriff der Gläubiger entziehen, sondern müssen die berechtigten Ansprüche erfüllen, soweit das Kind über eigenes Vermögen verfügt.
Verletzen jedoch die Eltern ihre Aufsichtspflicht, können diese allein oder neben dem Kind als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden. Der Geschädigte kann dann Ersatz in voller Höhe von den Eltern verlangen.
Der Verfasser dieses Beitrages ist Fachanwalt für Familienrecht und auch Fachanwalt für Verkehrsrecht sowie ADAC Vertragsanwalt.