Wenn wir beauftragt wurden, Unterhaltsansprüche geltend zu machen oder diese einmal zu berechnen, müssen wir zunächst einmal das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen ermitteln.
Welches Einkommen spielt bei der Unterhaltsberechnung eine Rolle?
Bei Angestellten wird für die Unterhaltsberechnung grundsätzlich auf das durchschnittliche Nettoeinkommen aus nichtselbständiger Arbeit abgestellt. Maßgeblich sind die tatsächlichen Einkünfte, wie sie sich aus Lohn- oder Gehaltsabrechnungen, ergänzt um Einkünfte aus Weihnachts- oder Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Tantiemen, Überstundenvergütungen ergeben.
Es können berufsbedingte Aufwendungen pauschal oder konkret abgezogen. Die Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen beträgt regelmäßig 5 % des Nettoeinkommens, höchstens jedoch 150 € monatlich. Es können jedoch auch höheren tatsächlichen Kosten angesetzt werden, wenn diese nachgewiesen sind.
Das unterhaltsrelevante Einkommen umfasst auch sonstige regelmäßige Einkünfte, wie etwa Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Kapitalerträge oder Nebentätigkeiten wie Aufwandsentschädigungen oder Übungsleiterpauschalen.
Bei schwankenden Einkünften ist ein Durchschnitt der letzten 12 Monate ggf. sogar ein längerer Zeitraum von bis zu drei Jahren zu bilden, um das üblicherweise erzielbare Einkommen zu bestimmen. Daher auch die regelmäßige Aufforderung der Anwälte, die Lohnabrechnungen der letzten 12 Monate vorzulegen.
Worauf stellt man zur Einkommensermittlung beim Selbständigen ab?
Für die unterhaltsrechtliche Einkommensermittlung zählt bei Selbständigen der steuerliche Gewinn. Die Ermittlung des unterhaltsrechtlichen Einkommens erfolgt dabei regelmäßig auf Basis der durch das Finanzamt festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse, die durch Steuererklärungen und Einkommensteuerbescheide dokumentiert sind.
Es wird allerdings nicht einfach der steuerliche Gewinn übernommen, da er durch Gestaltungsmöglichkeiten wie Abschreibungen oder zeitliche Ausgabenverschiebungen beeinflusst sein kann. Es ist vielmehr zu beachten, dass steuerlich anerkannte Betriebsausgaben nicht zwingend auch unterhaltsrechtlich anerkannt werden. Insbesondere werden private Nutzungsvorteile, die steuerlich als Betriebsausgaben abgezogen sein können, unterhaltsrechtlich dem Einkommen wieder hinzugerechnet.
Welche Unterlagen werden vom Selbständigen benötigt?
Zur Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens werden beim Selbständigen üblicherweise folgende Unterlagen herangezogen:
- Steuererklärungen und Steuerbescheide der letzten drei bis fünf Jahre
- Gewinn- und Verlustrechnungen oder Einnahmen-Überschussrechnungen (je nach Buchführungspflicht)
- Bilanzen bei bilanzierenden Unternehmen
- betriebswirtschaftliche Auswertungen des laufenden Jahres
- Erläuterungen zu Rücklagen, Abschreibungen, Einlagen und Entnahmen
- Einzelbelege zu bestimmten Positionen.
Für die Berechnung wird in der Regel das durchschnittliche Einkommen der letzten drei Jahre zugrunde gelegt, um Schwankungen auszugleichen und das üblicherweise erzielbare Einkommen zu bestimmen.
Steuerlichen Unterlagen sind allerdings nur Anhaltspunkte und berufsbedingte Aufwendungen werden bei Selbständigen regelmäßig nicht zusätzlich abgezogen, da sie bereits als Betriebsausgaben berücksichtigt wurden. Einlagen und Entnahmen sowie das Anlagevermögen sind auf ihre Bedeutung für das unterhaltsrechtliche Einkommen zu prüfen.
Wir immer ein Gutachten eingeholt, um das Einkommen zu ermitteln?
Nein, es ist nicht immer mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu rechnen. Nur wenn einzelne Posten substantiiert bestritten werden, kann ein Gutachten zur Einkommensfeststellung in Betracht kommen. Andernfalls läge eine unzulässige Ausforschung vor.
Spielen Kinderfreibeträge eine Bedeutung?
Im unterhaltsrechtlichen Kontext werden Freibeträge, wie sie steuerlich nach § 32 Abs. 6 EStG (Kinderfreibetrag) oder im Rahmen des § 33a EStG (außergewöhnliche Belastungen) gewährt werden, grundsätzlich nicht vom Einkommen des Selbständigen abgezogen. Das für den Unterhalt relevante Einkommen unterscheidet sich vom steuerlichen Einkommen. Im Steuerrecht senken Kinderfreibeträge das zu versteuernde Einkommen, im Unterhaltsrecht jedoch nicht. Es ist das tatsächliche Einkommen nach Abzug der tatsächlich gezahlten Kindesunterhaltsleistungen maßgeblich, nicht jedoch nach Abzug fiktiver steuerlicher Freibeträge.
Das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen ist regelmäßig höher als das zu versteuernde Einkommen, sofern steuerliche Freibeträge für Kinder abgezogen wurden.