Warum VW-Kunden JETZT REAGIEREN sollten!

Soweit bislang bekannt, hat VW eine Software verbaut, mit der die Abgaskontrolleinrichtungen im gewöhnlichen Straßenverkehr außer Kraft gesetzt wird und offenbar nur dann funktioniert, wenn sich das Fahrzeug im Prüfstand befindet.

Viele Volkswagen-Kunden sind nun verunsichert, wie sich die rechtlichen Folgen dieser als »Dieselgate-Affäre« titulierten Manipulation des Dieselmotors EA 189 darstellen. So fragen sich viele Volkswagen-Kunden, ob sie sich auf die schuldrechtlichen Mangelansprüche berufen können. Betreffend die Mangelansprüche gilt folgendes:

Dem Volkswagen-Kunden stehen grundsätzlich die Mängelansprüche aus § 437 BGB zu, da das Fahrzeug einen Sachmangel im Sinne des § 434 BGB aufweist. Der Sachmangel liegt hier in der aktivierten Software. Denn infolge der Softwaremanipulation werden wohl die gesetzlichen Anforderungen an die Emissionskontrolle nicht eingehalten.

Damit hat der Volkswagen-Kunde zunächst einen Anspruch auf Nachbesserung gem. §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB. Der Vorstandsvorsitzende des Volkswagen-Konzerns hat am 06.10.2015 bereits in einer Pressemitteilung angekündigt, dass die Nachbesserung Anfang 2016 erfolgen werde. Teilweise werde dabei die Überarbeitung der Software ausreichen. Bei einem Teil der Fahrzeuge müsse dagegen auch zusätzliche an Bauteilen eingegriffen werden. Man wolle die Kunden fortlaufend über die Maßnahmen informieren und entsprechende Werkstatt-Termine vereinbaren.

Diese Nachbesserung wird der Konzern voraussichtlich ohne weiteres Murren vornehmen, da andernfalls die Stilllegung der Fahrzeuge drohen könnte und dies ein Super-GAU in der Außendarstellung des Konzerns darstellen würde. Bereits jetzt dürfte das Vertrauen in den Konzern und seine technischen Konzepte nachhaltig beschädigt sein.

Experten haben jedoch bereits die Vermutung geäußert, dass Folge der Nachbesserung eine erhöhter Kraftstoffverbrauch oder eine geringerer Motorleistung sein könnten. Das hätte zur Folge, dass das Fahrzeug auch nach der Nachbesserung mangelbehaftet wäre, da die Ist- von der Sollbeschaffenheit im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB nach wie vor abweicht.

Zwar wird seitens der Rechtsprechung nicht jede kleine Abweichung als Mangel angesehen, jedoch besteht hier selbst nach dem Softwareupdate zumindest die Möglichkeit einer Mangelhaftigkeit im rechtlich erheblichen Bereich, sollten sich die Vermutungen der Experten bewahrheiten. Insoweit wären dann weitergehende Rechte der betroffenen Volkswagen-Kunden in Betracht zu ziehen − etwa eine Minderung des Kaufpreises oder in Extremfällen der Rücktritt vom Kaufvertrag.

Etwaige in Betracht zu ziehenden Schadensersatzansprüche wegen Minderung des Wiederverkaufswertes dürften dagegen mangels Verschuldens ausgeschlossen sein. Denn die Mangelrechte stehen dem Kunden nicht gegenüber der Volkswagen AG zu, sondern gegenüber dem Verkäufer. Denn der Vertragspartner des Kunden ist nicht der Konzern, sondern der jeweilige Händler, der das Fahrzeug verkauft hat. Dieser wird sich in einem zu erwartenden Schadenersatzprozess aber voraussichtlich exkulpieren können, da er beim Verkauf des Fahrzeuges keine Kenntnis von der verbauten Software habet haben dürfte.

Und hier liegt auch der Hund begraben, wenn es um die Durchsetzbarkeit der Mängelansprüche geht.

Die Rechte des Käufers verjähren gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB zwei Jahre nach Verschaffung des Besitzes am Fahrzeug. Abweichend von der regelmäßigen Verjährung kommt es dabei nicht auf die Kenntnisse der anspruchsbegründenden Umstände an. Etwas anderes gilt nur dann, wenn man dem Händler arglistiges Verhalten unterstellen könnte. Das aber dürfte kaum möglich sein. Wie gesagt, Vertragspartner des Volkswagen-Kunden ist der Händler und nicht der Volkswagen-Konzern.

Die Folge ist, dass ein Großteil der Volkswagen-Kunden die aus Kundensicht wirklich interessanten Mängelrechte nicht durchsetzen können werden. Die Kunden, bei denen die Fahrzeugübergabe noch keine zwei Jahre her ist, sollten dagegen unbedingt jetzt reagieren und bei ihrem Fahrzeughändler Mängelansprüche geltend machen. Denn mit Ablauf des Jahres 2015 dürften weitere Kunden in die Verjährungsfalle tappen. Zur Hemmung der Verjährung ist dem Händler entweder ein Anerkenntnis der Mängelrecht abzuringen oder aber es ist gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Daher heißt es: JETZT HANDELN!

Allen Volkswagen-Kunden, die sich mit der Verjährung konfrontiert sehen, rate ich nichtsdestotrotz Mängelrechte anzumelden. Denn die Verjährung ist eine Einrede, auf die sich der Händler zunächst einmal berufen muss. Im Interesse des Kunden könnten Händler zudem geneigt sein, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht kleine Extras anzubieten.

Volkswagen hat eine Internetseite (http://info.volkswagen.de/de/de/) eingerichtet, auf denen Kunden anhand der Fahrgestellnummer überprüfen können, ob ihr Fahrzeug betroffen ist. Die Fahrzeug-Identifizierungsnummer findet man in der Zulassungsbescheinigung, im Service-Handbuch oder im Sichtfenster im unteren Bereich der Windschutzscheibe. Sollte Ihr Fahrzeug betroffen sein, werden Sie wie folgt informiert:


»Lieber Volkswagen Kunde,

wir müssen Sie leider informieren, dass der in Ihrem Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer [….] eingebaute Dieselmotor vom Typ EA189 von einer Software betroffen ist, die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf (NEFZ) optimiert. Wir versichern Ihnen jedoch, dass Ihr Fahrzeug technisch sicher und fahrbereit ist!
Wir bedauern zutiefst, dass wir Ihr Vertrauen enttäuscht haben und arbeiten mit Hochdruck an einer technischen Lösung. Volkswagen übernimmt selbstverständlich die Kosten für alle notwendigen Maßnahmen und setzt alles daran, Ihr Vertrauen vollständig wiederzugewinnen. Ihr Volkswagen Partner wird schnellstmöglich auf Sie zukommen, um Sie über die notwendigen Maßnahmen zu informieren. Sollten Sie keinen Volkswagen Partnerkontakt haben, nutzen Sie bitte unsere Kontaktfunktion auf dieser Website.
Mit freundlichen Grüßen,

Thomas Zahn
Leiter Vertrieb und Marketing Deutschland«


Für mich persönlich gilt: Mein Fahrzeug ist leider betroffen, so dass ich jetzt Mangelrechte geltend machen werde.

Andreas J. Tryba
Fachanwalt für Verkehrsrecht
(Stand: 07.10.2015)