Das neue Fahreignungs-Bewertungssystem

Rechtsanwalt Andreas J. Tryba


Am 01.05.2014 ist die Neuregelung des Verkehrszentralregisters in Kraft getreten, das zukünftig Fahreignungsregister heißt. Was hat sich dadurch für die Verkehrsteilnehmer geändert?

Was wird eigentlich eingetragen?

Es werden nur solche Ordnungswidrigkeiten im Fahreignungsregister eingetragen, die in der Anlage 13 FeV erfasst sind und bei denen die neue Eintragungsgrenze von 60 € (statt der bisherigen 40 €) erreicht oder ein Fahrverbot angeordnet wird.

Nicht mehr eingetragen werden nachfolgende Ordnungswidrigkeiten:

  • Verstoß gegen Erlaubnispflichten für Veranstaltungen (§ 29 Abs. 2 StVO)
  • Verstoß gegen Sonn- und Feiertagsfahrverbot (§ 30 Abs. 3 StVO)
  • Verstoß gegen die Ferienreise-Verordnung
  • Verbotene Verkehrsteilnahme in Umweltzonen (Zeichen 270.1 StVO)
  • Nichtbeachtung von Vorschriften über Straßenarbeiten (§ 45 Abs. 6 StVO)
  • Kennzeichen an nicht zulassungspflichtigem Fahrzeug nicht geführt (§ 4 FZV)
  • Verstoß gegen Saisonkennzeichen (§ 9 Abs. 3 FZV)
  • fehlendes Kennzeichen (§ 10 Abs. 12 FZV)
  • Kennzeichen abgedeckt mit Glas oder Folie (§ 10 Abs. 2 FZV)
  • Verstoß beim Kurzzeitkennzeichen (§ 16 Abs. 2 FZV)
  • Kennzeichenverstoß bei ausländischen Kraftfahrzeugen (§ 21 Abs. 1 FZV)
  • Verstoß gegen Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO)
  • Verstoß gegen Prüfpflicht von Geschwindigkeitsbegrenzern (§ 57d Abs. 2 StVZO)
  • Verstoß gegen die Feststellungspflichten hinsichtlich Achslast, Gesamtgewicht, Anhängelast (§ 31c S. 1 StVZO)

Bei Verkehrsstraftaten wird jede Verurteilung wegen einer solchen Straftat eingetragen:

  • Unfallflucht (§ 142 StGB)
  • Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (§ 315b StGB)
  • Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB)
  • Trunkenheit im Straßenverkehr (§ 316 StGB)
  • Führen oder Anordnen oder Zulassen des Führens eines KFZ ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG)

Weitere in Anlage 13 FeV benannte verkehrsrelevante Straftaten werden nur eingetragen, wenn auch die Fahrerlaubnis entzogen, eine isolierte Sperre verhängt oder ein Fahrverbot ausgesprochen wurde. Dazu zählen:

  • fahrlässige Tötung (§ 222 StGB)
  • fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB)
  • Nötigung (§ 240 StGB)
  • Vollrausch (§ 323a StGB)
  • Unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB)
  • Kennzeichenmissbrauch (§ 22 StVG)


Wie ist die Punktebewertung gestaltet?

1 Punkt Ordnungswidrigkeiten in Anlage 13 benannt
2 Punkte grobe Ordnungswidrigkeiten nach § 4 Abs. 1 BKatV (Ordnungswidrigkeiten mit Regelfahrverbot)
2 Punkte Straftaten in Anlage 13 benannt: §§ 142, 315b, 315c, 316 StGB, 21 StVG und wenn ein Fahrverbot angeordnet wurde §§ 222, 229, 240, 323a, 323c StGB, 22 StVG
3 Punkte Straftaten in Anlage 13 benannt: §§ 142, 222, 229, 240, 315b, 315c, 316 StGB, 323a, 323c StGB, 21, 22 StVG, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis oder eine isolierter Sperrfrist angeordnet wurde.

Merke: Bei Ordnungswidrigkeiten ändert ein Absehen vom Fahrverbot nicht die Punktebewertung! Bei Straftaten kann die richterliche Entscheidung dagegen sehr wohl Einfluss darauf haben wie viele Punkte eingetragen werden.


Welche Maßnahmen drohen bei Punkteeintragung?

1-3 PunkteKeine Maßnahme
4-5 PunkteErmahnung unter Hinweis, dass mit einem freiwilligen Seminar ein Punkt abgebaut werden kann.
6-7 PunkteVerwarnung unter Hinweis auf die drohende Entziehung der Fahrerlaubnis bei weiteren Verstößen. Auch hier ergeht der Hinweis, dass ein Fahreignungsseminar freiwillig besucht werden kann. Auf dieser Stufe allerdings ohne Punktabzug.
ab 8 PunktenEntziehung der Fahrerlaubnis

Ein verpflichtendes Seminar ist mit der Neuregelung nicht mehr vorgesehen. Für Verkehrsteilnehmer mit maximal fünf Punkten besteht (weiterhin) die Möglichkeit, durch eine freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar einmal binnen fünf Jahren einen Punkt abzubauen.

Wird der Verkehrsteilnehmer bei Überschreiten von sechs oder acht Punkten nicht ermahnt, so wird er behandelt, als habe er fünf Punkte. Überschreitet der Verkehrsteilnehmer acht Punkte, ohne dass er verwarnt wurde, so wird er behandelt, als habe er sieben Punkte.


Hat sich bei den Tilgungsfristen etwas geändert?

Zukünftig gelten für alle Eintragungen starre Fristen ohne Tilgungshemmung, d.h. ein erneuter Verstoß verhindert nicht mehr den Fristablauf. Das bisher komplizierte System fällt also Weg. Die Tilgungsfristen sind seit dem 01.05.2014 wie folgt geregelt:

Ordnungswidrigkeiten mit 1 Punkt 2,5 Jahre
Ordnungswidrigkeiten mit 2 Punkten5 Jahre
Straftaten mit 2 Punkten5 Jahre
Straftaten mit 3 Punkten10 Jahre

Abweichend von der bisherigen Regelung beginnt der Lauf der Tilgungsfristen einheitlich jeweils mit Rechtskraft der Entscheidung. Es wird nicht mehr zwischen Rechtskraft und


Erhöhen sich die Bußgelder?

Die meisten Bußgelder bleiben zwar gleich, erhöht und mit einem Punkt bewertet werden aber:

altneu
Handyverstoß40 €60 €
Verstoß gegen die Winterreifenpflicht40 €60 €
falsches Verhalten an Schulbussen40 €60 €
falsches Verhalten an Schulbussen mit Gefährdung50 €70 €
Kinder nicht (ausreichend) gesichert40 €60 €
Kinder nicht (ausreichend) gesichert mit Gefährdung50 €70 €
Zeichen oder Anweisung eines Polizeibeamten nicht befolgt50 €70 €
einfacher Vorfahrtverstoß50 €70 €
Fußgängergefährdung im Fußgängerbereich40 €60 €
Fahren ohne Zulassung50 €70 €
Keine oder falsche Ladungssicherung50 €60 €
TÜV um mehr als 8 Monate überzogen40 €60 €
Fahren ohne Begleitung als 17jähriger50 €70 €


Keine Punkte, aber ein höheres Bußgeld gibt es für:

altneu
Einfahrt in eine Umweltzone ohne Umweltplakette40 €80 €
fehlendes Kennzeichen40 €60 €
abgedecktes Kennzeichen50 €65 €
Verstoß gegen Fahrtenbuchauflage50 €100 €
Sonn- und Feiertagsfahrverbot für Lkw missachtet380 €570 €

Wie funktioniert die Umrechnung alter Punkte?

Bestehende Eintragungen, die nach neuem Recht nicht mehr eingetragen würden, werden automatisch gelöscht. Verbleibende Punkte wie folgt umgerechnet:

Punkte nach altem RechtPunkte nach neuem Recht
1 – 31
4 – 52
6 – 73
8 – 104
11 – 135
14 – 156
16 – 177
18 oder mehr8


Was ist mit dem begleiteten Fahren ab 17?

Bisher bestehende Eintragungen als Begleitperson bleiben bestehen, selbst wenn die Begleitperson inzwischen mehr als 3 Punkte hat. Ab dem 1.5.2014 darf die Begleitperson zum Zeitpunkt der Eintragung nur noch 1 Punkt haben. Wenn die Begleitperson danach 8 Punkte gesammelt hat, darf sie den 17jährigen Fahrer nicht mehr begleiten, weil sie dann selbst ihren Führerschein verliert.