Verfall von Urlaubsansprüchen

Rechtsanwalt F.W. Dittmann


Wir hatten Sie bereitsüber die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 09.08.2011 bezüglich des Verfalls von Urlaubsabgeltungsansprüchen informiert. Damals ging es um zwei Kernsätze:

1.
Der Anspruch auf Abgeltung des bestehenden Urlaubs entsteht auch bei über das Arbeitsverhältnis hinaus andauernder Arbeitsunfähigkeit mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird sofort fällig. Er ist kein Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern eine reine Geldforderung und unterliegt damit, wie andere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einzel-und tarifvertraglichen Ausschlussfristen. Dies gilt auch für die Abgeltung des unabdingbaren gesetzlichen Mindesturlaubs.

2.
Wird ein zunächst arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer im Kalenderjahr einschließlich des Übertragungszeitraums so rechtzeitig gesund, dass er in der verbleibenden Zeit seinen Urlaub nehmen kann (Jahresende oder im Übertragungsfall 31.03. des Folgejahres), erlischt der aus früheren Zeiträumen stammende Urlaubsanspruch genauso wie der Anspruch, der zu Beginn des Urlaubsjahres neu entstanden ist.

Schon damals haben wir darauf hingewiesen, dass es neue Entwicklungen in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geben könnte, was die Dauer des rückwirkenden Ansammelns von Urlaubsansprüchen betrifft. Nicht zuletzt, weil es erhebliche Kritik an der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes – Ansammeln von Urlaubsansprüchen ohne zeitliche Begrenzung – gab, konnte mit einer Korrektur gerechnet werden. Diese ist nunmehr durch Urteil vom 22.11.2011 erfolgt. Der Europäische Gerichtshof vertritt nunmehr folgende Auffassung:

Ein Recht auf unbegrenztes Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub, Arbeitsunfähigkeit, entspricht nicht dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub. In Anbetracht des Zwecks des jedem Arbeitnehmer gewährten Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub kann infolgedessen ein während mehrerer Jahre in Folge arbeitsunfähiger Arbeitnehmer, nicht berechtigt sein, in diesem Zeitraum erworbene Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub unbegrenzt anzusammeln.

Der Europäische Gerichtshof hielt in diesem Urteil eine Begrenzung innerhalb eines Tarifvertrages auf 18 Monate rückwirkend ab Fälligkeit für zulässig. Infolge dieser Entscheidung mehren sich in Rechtsprechung und Literatur die Stimmen, die eine reduzierende Auslegung von § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz auf 15 Monate befürworten. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat in diesem Zusammenhang in einem Urteil vom 21.12.2011 bereits entschieden:

Urlaubsansprüche gehen bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter und sind bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten (Urteil 21.12.2011;10 Sa 19/11).

Wir empfehlen daher, auch in Zukunft mit der Abgeltung von Urlaubsansprüchen oder Urlaubsgewährung zurückhaltend zu sein und solche Ansprüche auf 15 Monate seit dem Ende des Urlaubsjahres zu begrenzen.

Sollten Sie im Zusammenhang mit diesen Sachverhalten noch Fragen haben, bitten wir um Kontaktaufnahme.


F.W. Dittmann
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht