Die erkennungsdienstliche Maßnahme nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG

Nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG können erkennungsdienstliche Maßnahmen vorgenommen werden, wenn dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil der Adressat verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben und wegen der Art und Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht.

Tatbestandsvoraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG: Verdacht einer Straftat (Anlasstat); Wiederholungsgefahr; erkennungsdienstliche Unterlagen müssen erforderlich sein, um zu entlasten oder zu überführen.

Grundsätzlich kann der Verdacht einer Straftat bestehen bleiben, auch wenn das Strafverfahren eingestellt (§§ 153, 153a, 170 Abs. 2 StPO) wurde oder ein Freispruch erfolgt ist, es sei denn es wurden sämtliche Verdachtsmomente restlos ausgeräumt.

Im Rahmen der Bewertung, ob eine Wiederholungstat vorliegt, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie die Art, Schwere und Begehungsweise der Anlasstat, die Persönlichkeit des Verdächtigen und der Zeitraum während dessen dieser strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist.

Die Anordnung der Polizeibehörde nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG ist über den Weg des Verwaltungsverfahrensrecht angreifbar. Ein Gericht kann auch durchaus eine eigene Prognoseentscheidung treffen, da es die Entscheidung der Behörde vollumfänglich kontrolliert und der Behörde keine Letztentscheidungskompetenz obliegt (BVerwG, Urt. v. 19.10.1982 − 1 C 29/79; VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 28.04.2015 − 5 K 1056/14.NW; a. A. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.12.2003 − 1 S 2211/02 und VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 29.11.2011 − 5 K 550/11.NW). Dies folgt aus dem Grundsatz der Gesetzesbindung der Verwaltung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG und dem Rechtsschutzanspruch des Einzelnen gemäß Art. 19 Abs. 3 GG. Zudem enthalten weder § 81b StPO noch § 11 POG einen Spielraum der Verwaltung auf Tatbestandsebene. Grundlage für die Prognoseentscheidung sind schlichtweg alle Umstände, die zur Verwaltungsakte gelangt sind.

Die erkennungsdienstlichen Maßnahmen müssen erforderlich im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG sein. Dass ist der Fall, wenn die erkennungsdienstlichen Unterlagen geeignet sind, den Adressaten der Anordnung bei zukünftigen Verdachtsfällen zu überführen oder zu entlasten. Durch Fingerabdrücke können Personen identifiziert werden, die Drogen erwerben oder verkaufen. Weiterhin kann damit gerechnet werden, dass Personen, die sich im Drogenmilieu bewegen, leichter identifiziert werden können, wenn einem Zeugen entsprechende Lichtbilder gezeigt werden können. Die Hinterlegung von erkennungsdienstlichen Daten kann auch insoweit vorbeugend wirken, als dadurch abgeschreckt wird, Drogendelikte zu begehen (VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 29.11.2011 − 5 K 550/11.NW). Gerade bei Betäubungsmitteldelikten steht der Täter angesichts der Anonymität des Milieus nicht von vornherein fest, so dass die erkennungsdienstliche Maßnahme üblicherweise als erforderlich angesehen wird. (vgl. etwa VG Neustadt (Weinstraße), Urt. v. 28.04.2015 − 5 K 1056/14.NW)

Etwas anderes gilt bei Sachverhalten, bei denen der Täter typischerweise feststeht und deshalb auch im Falle einer Wiederholung feststehen wird. (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urt. v. 23.06.1997 − 24 B 95.3734)