Der low performer:
Wie kündigt man wegen Schlechtleistung?

Rechtsanwalt Friedrich Wilhelm Dittmann
Fachanwalt für Arbeitsrecht


In der Bibel steht: "Viele sind berufen, wenige jedoch sind auserwählt" und im Fußball sagt man: "Die Hoffnung stirbt zuletzt". In der Arbeitswelt finden wir diese Betrachtung in den Zeugnissen wieder, durch Formulierungen wie: "Er bemühte sich, den in ihn gesetzten Anforderungen gerecht zu werden".

Es geht um Arbeitnehmer, die aus verschiedensten Gründen die geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringen können und zu einer täglichen tatsächlichen und langfristig wirtschaftlichen Belastung des Unternehmens werden. Gerade in schwierigen Zeiten wird es sich kein Unternehmen leisten können, solche Arbeitnehmer dauerhaft weiter zu beschäftigen. So genannte low performer gibt es in verschiedenen Varianten, wobei bei jeder Variante ein anderes juristisches Konzept herangezogen werden muss.

Wir unterscheiden:

  • Die Eunuchen: Mitarbeiter, die zwar wollen, jedoch nicht können.
  • Die Trittbrettfahrer: Mitarbeiter, die zwar können, jedoch nicht wollen.
  • Die Hoffnungslosen: Mitarbeiter, die weder können, noch wollen.

Lange Zeit hat sich die Rechtsprechung wenig mit dem Thema befasst. Aktuell kann man sich an Entscheidungen aus 2003 und 2008 orientieren (11.12.2003 AZR 667/02 und 17.01.2008).

Die grundsätzliche Schwierigkeit liegt allerdings schon in der Definition der Minderleistung. Während der Handwerker einen bestimmten Erfolg schuldet, genügt im Arbeitsverhältnis eine angemessene Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit. Die Frage der Angemessenheit eröffnet ein „weites Feld“.

Die Rechtsprechung eröffnet keine starren Grenzen. Der Schwellenwert liegt wohl bei 25 % Leistung unter dem Durchschnitt oder bei etwa einer Fehlerquote um das Dreifache zu vergleichbaren Arbeitnehmern.

Die Minderleistung muss über einen längeren Zeitraum bestehen (i.d.R. ca. 12 Monate) und es dürfen keine Ursachen im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers (Überforderung/mangelhafte Ausstattung/unzulängliche Organisation) liegen.

Gelegentliche Fehler bei der Tätigkeit reichen nicht aus, da diese nicht generell auszuschließen sind und immer vorkommen.

Die Vorgehensweise bei den verschiedenen Konstellationen:

I. Eunuchen

Es geht hier um Mitarbeiter, die durchaus gewillt sind eine vertragskonforme Arbeit zu leisten, allerdings aus Gründen wie auch immer keine tragfähigen Ergebnisse bringen können. Sie sind geistig oder physisch überfordert.

Zunächst stellt sich die Frage, welche Arbeitsleistung überhaupt erbracht werden muss. Das Direktions- oder Weisungsrecht gestattet dem Arbeitgeber, die Einzelheiten der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung näher zu bestimmen, soweit diese nicht im Arbeitsvertrag oder durch Tarifvertrag, bzw. Betriebsvereinbarung abschließend geregelt sind (§ 106 GewO). Es macht Sinn, generell Arbeitsplatzbeschreibungen dem Arbeitsvertrag beizufügen, da dies in der Regel zur Erleichterung der Problemlösung führt. Hilfreich sind auch konkrete Zielvereinbarungen, die allerdings in der Regel mit Sondervergütungen verbunden sind.

Mit der Definition der geschuldeten Arbeit ist es allerdings nicht getan, da sich im Laufe der Zeit die Anforderungen ändern können. In jedem Beruf besteht die Notwendigkeit, die Fortentwicklung geistiger und technischer Bereiche in der ausgeübten Tätigkeit umzusetzen. Vertragszweck, Interessenlage, Verkehrssitte sowie der Grundsatz von Treu und Glauben gebieten es, den Inhalt des Arbeitsverhältnisses im Sinne der neuen tatsächlichen Gegebenheiten auszulegen. Dabei muss der Arbeitgeber nicht so lange warten, bis die Mehrzahl der allgemein im jeweiligen Berufsbild tätigen Arbeitnehmer sich die erforderliche Fähigkeit oder Qualifikation angeeignet hat. Es genügt, dass die betreffende Fähigkeit bereits am Arbeitsmarkt nachgefragt wird (LAG Hamm, LAGE § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 20).

Kann der Arbeitnehmer die geschuldete Leistung trotz stetiger Bemühung nicht erreichen, oder fällt er nachweislich im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern im Ergebnis dauerhaft zurück, so ist die Konsequenz eine personenbedingte Kündigung. Diese hat gänzlich andere Voraussetzungen als betriebsbedingte oder verhaltensbedingte Kündigungen.

Zunächst ist die Diagnose und Zukunftsprognose zu stellen, das heißt, die mangelhafte Leistung wäre darzustellen. Eine negative Zukunftsprognose kann am besten durch Bemühungen dargelegt werden, die der Arbeitgeber zu der Verbesserung der Leistung veranlasste, insbesondere Qualifikationsmaßnahmen.

Darüber hinaus wäre die Beeinträchtigung der Betriebsabläufe (Minderergebnis/Produktionsstörungen/Imageschaden/Mehrkosten) darzulegen. Letztlich verbleibt der Nachweis, dass es keinen Arbeitsplatz gibt, auf dem man den Arbeitnehmer "leidensgerecht" unterbringen könnte.

II. Trittbrettfahrer

Hier ist der Ausgangspunkt der gleiche, nämlich ein schlechtes Arbeitsergebnis. Grund ist allerdings nicht die individuelle Unfähigkeit, sondern die fehlende Bereitschaft, die geschuldete Arbeit zu leisten oder sich die notwendige Qualifikation anzueignen. (Beispiel: Die Sekretärin verweigert das Lernen eines neuen Schreibprogramms. Ein gewerblicher Arbeitnehmer verweigert das Lernen der Bedienungselemente einer neuen Maschine).

Die Weiterbildungspflicht des Arbeitnehmers korrespondiert mit seiner vertraglichen Leistungspflicht. Gehören die Arbeiten, die dem Mitarbeiter übertragen werden sollen, zur arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit, verfügt er aber wegen der im Laufe der Zeit gestiegenen Anforderungen nicht über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse, kann der Arbeitgeber zur Vorbereitung auf die Arbeit auch eine entsprechende Schulung verlangen (ArbG Bonn, NZA 1991, 512). Die Anordnung fällt unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers. In der Regel muss allerdings der Arbeitgeber Fortbildungsmaßnahmen, die zur Erfüllung der Qualifikation dienen, bezahlen.

Weigert sich der Arbeitnehmer ein adäquates Arbeitsergebnis zu erzielen oder die notwendige Qualifikation herbeizuführen, ist die Konsequenz hier die verhaltensbedingte Kündigung.

Voraussetzung hier wären mehrere (i.d.R. wenigstens 2) ordnungsgemäße Abmahnungen der Schlechtleistung, wobei es nicht unterlassen werden darf, die Schlechtleistung auch sehr genau zu bezeichnen und die Konsequenzen (drohende Kündigung) klar anzusprechen.

III. Hoffnungslose

In dieser Kategorie geht es darum, dass ein Arbeitnehmer beschäftigt wird, der weder die geschuldete Arbeit leisten kann, noch diese leisten will. Grundsätzlich läuft das nach I und/oder II je nach Gewichtung.

Es geht hier um die Fälle, wo der Arbeitgeber ein neues Anforderungsprofil an den Arbeitsplatz stellt, das der bisher geschuldeten Arbeit nicht entspricht (Beispiel: Der Finanzbeamte, der als Hobby-Fußballer eine Fußballmannschaft trainiert, die zukünftig von einem examinierten Trainer geführt werden soll. Der technische Zeichner, der bisher am Reißbrett gezeichnet hat und zukünftig Pläne am Computer mit Hilfe von CAD-Programmen fertigen soll).

Hier hilft weder eine personenbedingte noch eine verhaltensbedingte Kündigung, da von dem Arbeitnehmer etwas verlangt wird, was er nach dem Arbeitsvertrag nicht schuldet. Damit wird der Weg zur betriebsbedingten Kündigung eröffnet.

Die Gestaltung des Anforderungsprofils eines Arbeitsplatzes unterliegt der freien unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers. Dies gilt auch für die Änderung des Anforderungsprofils. Als freie unternehmerische Entscheidung ist sie von den Arbeitsgerichten nur begrenzt überprüfbar, nämlich darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG, NZA 2006, 266). Die Organisationsentscheidung begründet nur dann ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung, wenn sie ursächlich für den behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. In der Praxis wird man dem Gericht darstellen müssen, warum eine neue Gestaltung des Anforderungsprofils entschieden wurde und wie sich dies auf den konkreten Arbeitsplatz auswirkt.

Es lässt sich nicht leugnen, dass die Änderung des Anforderungsprofils eine durchaus praktikable Lösung darstellt, um sich eventuell von einem nicht kooperierenden Mitarbeiter zu trennen, in dem man das Anforderungsprofil an seinen Fähigkeiten vorbei entwickelt.

Gleichgültig, welchen Weg man für die Reaktion auf die Schlechtleitung wählt, ist es immer sinnvoll, dass der Arbeitgeber mit seinem Fachanwalt des Vertrauens die Vorgehensweise abstimmt. Ungeachtet des Begründungsansatzes begegnen Arbeitsgerichte i.d.R. dem Arbeitgeber kritisch, sodass unter professioneller Hilfe frühzeitige Lösungen angestrebt werden können. Dabei hat sich insbesondere das Prozessarbeitsverhältnis als sehr hilfreich erwiesen. Die Vorgehensweise können Sie einem anderen Seminarbeitrag entnehmen, den Sie auf unserer Homepage (www.dittmann-hartmann.de) unter den Fachbeiträgen finden.